Nur wenn bestimmte kleine Organellen in Gliazellen unseres Gehirns funktionieren, bleiben die Verbindungen zwischen den Nervenzellen intakt. Das haben Wissenschaftler bei Versuchen mit Mäusen herausgefunden. Sie wollten die Bedeutung von Gliazellen für die Funktion von Nervenfasern im Gehirn näher untersuchen und stießen dabei auf die lebenswichtige Funktion so genannter Peroxisomen.
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Bei Mäusen, bei denen sie diese kleinen Organellen in Gliazellen ausgeschaltet hatten, degenerierten die Nervenverbindungen innerhalb weniger Monate. Außerdem entwickelten sich Entzündungsprozesse wie man sie sonst von Autoimmunerkrankungen kennt. Diese Befunde könnten dazu beitragen, bestimmte Erkrankungen des Nervensystems besser zu verstehen, so die Göttinger Max-Planck-Forscher zusammen mit Kollegen der Universität Göttingen in der Fachzeitschrift Nature Genetics.
Stromkabel im Gehirn
Im Gehirn fließen elektrische Ströme durch Nervenfasern, die Milliarden von Nervenzellen miteinander verbinden. Auf diese Weise werden in einem gesunden Nervensystem Informationen über verhältnismäßig große Entfernungen geleitet. Ähnlich wie bei einem Stromkabel sind diese Verbindungen elektrisch isoliert. Im Nervensystem geschieht dies in Form von fettreichen Markscheiden, dem Myelin. Diese Isoliermasse wird von hochspezialisierten Gliazellen produziert, die sich entlang der Nervenfasern befinden.
Doch stellen diese Gliazellen nicht nur die Schutzhülle für die Axone her, sondern sorgen auch für deren Fortbestand. Das haben Forscher des Göttinger Max-Planck Instituts für experimentelle Medizin in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom Max-Planck Institut für biophysikalische Chemie und von der Universität Göttingen herausgefunden. Dazu benötigen Gliazellen bestimmte Zellorganellen, die Peroxisomen. Diese Organellen sind für den Fettsäurestoffwechsel und die Entgiftung von Zellen wichtig.
Die Wissenschaftler um Klaus-Armin Nave und Celia Kassmann schalteten durch genetische Veränderungen die Peroxisomen in den Gliazellen bei Mäusen funktionell aus. „Zunächst entwickelten sich die mutierten Mäuse völlig normal“, beschreibt Nave die anfänglichen Beobachtungen. Erst bei den ausgewachsenen Tieren zeigte sich, dass die Peroxisomen offenbar eine lebenswichtige Funktion erfüllen – allerdings nicht für die Gliazellen selbst, sondern für die vom Myelin umhüllten Nervenfasern.
Motorische Verhaltensauffälligkeiten
„Mit fortschreitendem Alter der Tiere bildeten sich die Leitungsfaserbündel zunehmend zurück“, erklärt der Max-Planck-Forscher die Auswirkungen fehlender Peroxisomen auf die auch als „weiße Substanz“ bezeichneten Verbindungen. Zudem zeigten Mäuse mit diesen pathologischen Veränderungen im Gehirn motorische Verhaltensauffälligkeiten.
Doch machten die Forscher noch eine weitere, für sie sehr überraschende Beobachtung. „Sehr bald traten Entzündungen auf, wie man sie sonst nur von Autoimmunkrankheiten kennt“, sagt Kassmann. So liefert diese Mausmutante den Forschern auch ein neuartiges Modell für das Einsetzen entzündlicher Krankheitsprozesse, wie sie möglicherweise auch bei bestimmten Formen der Multiplen Sklerose oder auch Leukodystrophien auftreten.
(idw – MPG, 31.07.2007 – DLO)