Grapefruitsaft kann einige Krebsmedikamente wirksamer machen. Denn der Fruchtsaft hemmt Enzyme im Darm, die diese Arzneimittel normalerweise abbauen. Dadurch bleibt das Mittel länger im Körper und man benötigt eine geringere Dosis, um die gleiche Wirkung zu erreichen. Das zeigt eine Studie US-amerikanischer Forscher mit 138 Krebspatienten. Sie hatten den Effekt von Grapefruitsaft auf das Mittel Sirolimus untersucht. Diese auch als Rapamycin bekannte Substanz wird schon länger zur Dämpfung des Immunsystems bei Transplantationen eingesetzt, wirkt aber nach neuesten Erkenntnissen auch gegen Krebstumore.
Bereits ein knapper Viertelliter Grapefruitsaft habe den Gehalt an Sirolimus im Blut dieser Patienten um bis zu 350 Prozent erhöht, berichten die Forscher im Fachmagazin „Clinical Cancer Research“. Um auf den optimal wirksamen Blutwert des Medikaments zu kommen, benötigten diese Patienten nur 25 bis 35 Milligramm Sirolimus pro Woche statt der sonst nötigen 90 Milligramm.
„Dies ist die erste Krebsstudie, die diese Wechselwirkung von Nahrung mit einem Medikament untersucht hat“, schreiben Studienleiter Ezra Cohen von der University of Chicago und seine Kollegen. Sie zeige, dass ein ungiftiges, in jedem Supermarkt erhältliches Lebensmittel die Bioverfügbarkeit einiger Arzneimittel deutlich verbessern könne.
Sirolimus ist eine Substanz, die die Vermehrung von Zellen hemmt und daher auch das Wachstum von Tumoren bremsen kann. Bei einigen Krebsarten, darunter dem Kaposi-Sarkom und Leberzellkrebs, habe sich dies in Studien gezeigt, erklären die Forscher. Einige dem Sirolimus verwandte Chemikalien werden zudem bereits gegen Nierenkrebs und einige Tumore des Nervensystems eingesetzt. Abgebaut werden diese Arzneimittel im Körper durch bestimmte Enzyme, die sogenannten p70-S6-Kinasen. Die Mittel müssen daher relativ hoch dosiert werden, um diesen ständig ablaufenden Abbau auszugleichen.
Nach Ansicht der Forscher könnte die jetzt festgestellte Wirkung des Fruchtsafts dazu beitragen, die Dosis von Sirolimus und verwandter Mittel zukünftig zu senken. Dadurch blieben den Patienten viele schädliche Nebenwirkungen erspart. Gleichzeitig mache dies aber die Behandlungen auch deutlich günstiger. Solche Ergebnisse seien für die Pharmaindustrie nicht gerade profitabel, kommentieren die Wissenschaftler. Das erkläre auch, warum diese nur selten Studien durchführe oder fördere, in denen nach Möglichkeiten für niedrigere Dosierungen gesucht werde.
Krebsmittel mit und ohne Fruchtsaft
Für ihre Studie teilten die Forscher 138 Patienten mit unheilbarem Krebs im Endstadium in drei Gruppen ein. Eine erhielt zweimal pro Woche nur das tumorhemmende Sirolimus. Die zweite Patientengruppe nahm das Mittel plus einem Viertelliter Grapefruitsaft ein, die dritte Sirolimus und zusätzlich Ketoconazol, eine Chemikalie, die ebenfalls die abbauenden Enzyme hemmt. Bei allen Gruppen erhöhten die Wissenschaftler die Dosierung des Krebsmittels nur langsam, bis dieses im Blut der Patienten die optimal wirksame Konzentration erreicht hatte.
Patienten, die nur Sirolimus einnahmen, benötigten 90 Milligramm des Mittels pro Woche, um auf optimal wirksame Blutwerte zu kommen, wie die Forscher berichten. Patienten, die zusätzlich Grapefruitsaft getrunken hatten, benötigten dafür nur 25 bis 35 Milligramm des Arzneimittels. Der Fruchtsaft habe die Konzentration des Krebsmittels in ihrem Blut um bis zu 350 Prozent erhöht, schreiben Cohen und seine Kollegen. In der Ketoconazol-Gruppe seien sogar nur 16 Milligramm des Krebsmittels nötig gewesen. Diese Chemikalie habe damit zwar einen etwas stärkeren Effekt als der Fruchtsaft. Der Vorteil des Safts sei aber, dass dieser nicht giftig sei und auch keine Überdosis hervorrufen könne. (doi:10.1158/1078-0432.CCR-12-0110)
(Clinical Cancer Research, 08.08.2012 – NPO)