Die Intelligenz eines Menschen scheint in nicht unerheblichem Maße von dem Volumen der grauen Hirnsubstanz in bestimmten Bereichen des Gehirns bestimmt zu werden. Dies haben amerikanische Wissenschaftler in einer kombinierten strukturellen Hirnscan-Untersuchung und Intelligenztest herausgefunden. Die bislang umfangreichste Studie dieser Art ergab zudem, dass es im Gehirn kein „Intelligenzzentrum“ gibt, stattdessen sind die ausschlaggebenden Bereiche über das Denkorgan verteilt.
Richard Haier, Intelligenzforscher an der Universität von Kalifornien in Irvine und Kollegen von der Universität von Neu-Mexiko setzten Magnetresonanztomographie (MRI) ein, um Bilder der Gehirnstruktur von 47 Versuchspersonen zu erhalten. Mithilfe einer speziellen Technik, der voxel-basierten Morphometrie bestimmten sie die Menge und Lage der „grauen Zellen“ und korrelierten dies mit den Ergebnissen, die die Probanden in IQ-Tests erzielten.
Graue Substanz entscheidet
Vorherige Forschung hatte bereits gezeigt, dass größere Gehirne zumindestens eine schwache Korrelation mit höheren Intelligenzquotienten aufzuweisen scheinen, doch diese Studie belegt nun zum ersten Mal, dass es weniger die Gesamtgröße des Gehirns ist, als vielmehr die Menge der grauen Substanz in bestimmten Hirnregionen, die die individuellen mentalen Stärken und Schwächen einer Person bestimmen.
„Das könnte erklären, warum eine Person gut in Mathematik ist aber nicht in Rechtschreibung, eine andere dagegen, mit dem gleichen IQ, aber das umgekehrte Muster von Fähigkeiten aufweist“, erklärt Haier.
Obwohl die Menge an grauer Substanz essentiell für das Intelligenzniveau zu sein scheint, waren die Forscher überrascht festzustellen, dass nur rund sechs Prozent der „grauen Zellen“ direkt mit den IQ verknüpft ist. „Es gibt eine konstante Kaskade von Informationen, die im gesamten Gehirn verarbeitet wird, aber die Intelligenz scheint an eine effiziente Nutzung von einigen relativ wenigen Gehirnstrukturen verknüpft zu sein. Und für diese gilt: Je mehr graue Substanz, desto besser“, sagt der Wissenschaftler. „Diese Strukturen sind zudem auch an der Erinnerung, Aufmerksamkeit und der Sprache beteiligt.“
Altersbedingte Unterschiede
Die Ergebnisse deuten auch daraufhin, dass die graue Materie bei jungen Erwachsenen und Menschen im mittleren Lebensalter unterschiedlich verteilt ist. Bei älteren Probanden waren die Frontal- und Hinterhauptslappen stärker mit den IQ verknüpft, bei jüngeren weniger das Frontalhirn dafür stärker der Scheitellappen.
Noch ist nicht klar, warum einige Menschen mehr graue Substanz in eingen Gehirnbereichen haben als andere, obwohl vorherige Untersuchungen bereits darauf hingedeutet haben, dass die regionale Verteilung möglicherweise vererbt wird. Haier und seine Kollegen wollen jetzt die Daten weiter auswerten, um zu sehen, ob es auch Geschlechtsunterschiede in den IQ-Verteilungen gibt.
(University Of California – Irvine, 21.07.2004 – NPO)