Die Langlebigkeit könnte den frühen Menschen einen wichtigen Evolutionsvorteil gegeben haben. Forscher der Universitäten von Michigan und Kalifornien haben festgestellt, dass die Menschen während der Steinzeit vor rund 30.000 Jahren eine dramatische Verlängerung ihrer Lebensdauer erlebten.
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Bei der Untersuchung von mehr als 750 Fossilien aus dem Paläolithicum entdeckten die Anthropologen Rachel Caspari und Sang-Hee Lee dass sich die Anzahl der bis in ein hohes Alter überlebenden Menschen relativ plötzlich mehr als vervierfachte. Nach Ansicht von Caspari, Wissenschaftlerin am Anthropologische Museum der Universität Michigan, hatte dieser Anstieg im Anteil relativ alter Menschen höchstwahrscheinlich große Auswirkungen. Er könnte dem modernen Menschen genau den Wettbewerbsvorteil geboten haben, der letztendlich ihren evolutiven Erfolg sicherte.
Für ihre Studie analysierten die Forscher das Verhältnis von älteren zu jüngeren Erwachsenen in Hominiden- Zahnproben aufeinanderfolgender Epochen: Späte Australopithecinen, Vertreter der Gattung Homo aus dem frühen und mittleren Pleistozän, Neandertaler aus Europa und Erstasien und moderne Europäer aus dem Paläolithicum. Mithilfe einer neuen Analysetechnik konnten sie dabei auch die Unterschiede in der Abnutzung der Zähne genau bewerten.
Als „alt“ definierten die Wissenschaftler Hominiden, die ihre Geschlechtsreife um mindestens das Doppelte überlebten. Der Zeitpunkt der Pubertät ließ sich leicht bestimmen, da in diesem Alter die Weisheitszähne aus dem Kiefer kommen. „Wenn die Geschlechtsreife mit 15 eintritt, dann könnten 30 jährige theoretisch bereits zum ersten Mal Großmütter geworden sein“, erklärt Caspari. Andere Wissenschaftler haben bereits argumentiert, dass die Präsenz von Großmüttern einen wichtigen evolutiven Vorteil darstellen könnte, da sie ihre Erfahrung und andere Ressourcen hauptsächlich in ihre fortpflanzungsfähigen Töchter und deren Nachkommen investieren können.
Verhältnis von Jungen zu Alten untersucht
Als sie das Verhältnis von Jungen zu Alten in jeder der untersuchten Zeitperioden kalkulierten, fanden die Forschern einen deutlichen Trend zu einer höheren Überlebensrate unter den älteren Erwachsenen im Laufe der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Für die Evolution sei es dabei nicht primär entscheidend, wie lange Menschen leben, sondern vor allem wie viele Individuen ein höheres Alter erreichen, betonen die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung in den Proceedings of the National Academy of Sciences.
Der Anstieg der Lebenserwartung unter den modernen Menschen während des oberen Paläolithicums war jedoch dramatisch höher als alle vorherigen. „Wie glauben, dass dieser Trend einen wichtigen Beitrag zur Ausbreitung der Population und zu kulturellen Innovationen leistete“, beschreiben die Wissenschaftler ihre Schlussfolgerungen.
Eine große Zahl von Älteren könnte es den modernen Menschen erlaubt haben, mehr Erfahrungen und spezialisiertes Wissen von einer Generation an die nächste weiter zu geben. Eine erhöhte Überlebensrate von Erwachsenen stärkte zudem soziale Bindungen und Familien, da Großeltern zur Erziehung der erweiterten Familie und anderer Gruppenangehöriger beitragen konnten. Außerdem könnte eine längere Lebensdauer auch das Bevölkerungswachstum gefördert haben, da Menschen, die länger leben, tendenziell auch mehr Kinder zur Welt bringen oder sich effektiver um die Nachkommen ihrer Kinder kümmern können.
„Es hat eine Menge Spekulationen darüber gegen, was den modernen Menschen ihren Evolutionsvorteil bot“, erklärt Caspari. „Diese Ergebnisse liefern eine einfache Erklärung für die es jetzt auch konkrete Belege gibt: Moderne Menschen waren einfach älter und weiser.“
(University Of Michigan, 07.07.2004 – NPO)