Paläontologie

Haie: Profiteure des Massenaussterbens?

Die heute dominierenden Grundhaie überstanden das Ende der Kreidezeit besser

Urzeitliche Haie am Ende der Kreidezeit. Viele von ihnen überstanden das Massenaussterben - aber nicht alle... © Julius Csotonyi

Gewinner und Verlierer zugleich: Die Haie verdanken ihre heutige Artenvielfalt einer globalen Katastrophe – dem Massenaussterben am Ende der Kreidezeit. Denn Vergleiche fossiler Haizähne enthüllen, dass die zuvor dominierende Haiordnung damals stark dezimiert wurde. Dafür breiteten sich die Vorfahren der heutigen Grundhaie stark aus und legten so den Grundstein für ihre heutige Dominanz. Warum einige Haigruppen damals profierten und andere verschwanden, ist allerdings noch unklar.

Haie gehörten schon in der Ära der Dinosaurier zu den Top-Prädatoren der Ozeane. Damals dominierten vor allem Arten aus der Ordnung der Makrelenhaiartigen (Lamniformes), unter ihnen Vorfahren der heutigen Weißen Haie, der Mako- und Sandhaie, aber auch des vor rund 2,6 Millionen Jahren ausgestorbenen Riesenhais Megalodon.

Rätselhafte Verschiebung

Seltsam jedoch: Heute macht diese einst so dominante Ordnung nur noch einen kleinen Teil der Haiarten aus. Weitaus verbreiteter sind inzwischen die Grundhaie (Carcharhiniformes), zu denen heute rund die Hälfte aller Haiarten gehören, darunter Tigerhaie, Katzenhaie, Hammerhaie und viele Riffhaie. Was diese Verschiebung innerhalb der Haie ausgelöst hat und wann sie stattfand, blieb bisher jedoch rätselhaft.

Einer der Gründe dafür: „Die Knorpelskelette der Haie fossilisieren kaum und daher ist unser Wissen über diese Fische größtenteils auf isolierte Haizähne beschränkt, die zu tausenden gefunden wurden“, erklärt Erstautor Mohamad Bazzi von der Uppsala Universität in Schweden. Anhand der Zähne von 597 fossilen Haien haben er und sein Team nun rekonstruiert, was mit diesen Raubfischen während und nach dem Massenaussterben am Ende der Kreidezeit geschah.

„Wir wussten bereits, dass Haie zu den wenigen großen Meeresräubern gehörten, die dieses Ereignis überlebt haben“, sagen die Forscher. Welche Haigruppen aber dennoch Einbußen hinnehmen mussten und welche vielleicht sogar profitierten, war bisher unklar.

Mohamad Bazzi mit dem fossilen Zahn eines Hais aus der Ordnung der Makrelenartigen © Jordi Estefa

Selektive Verluste

Die Untersuchung ergab Überraschendes: Die Haivielfalt blieb während des Massenaussterbens nahezu unverändert erhalten – zumindest auf den ersten Blick. Offenbar überstanden die Haie als Ganzes die Katastrophe relativ glimpflich. Doch nähere Analysen enthüllten, dass es dabei sehr wohl selektive Verluste gab, bei denen einige Formen der Makrelenhaiartige ausstarben.

„Spezifische Muster deuten darauf hin, dass dieses asymmetrische Aussterben vor allem Lamniformes mit dreieckigen Zähnen und flachen Zahnkronen traf“, berichten die Forscher. “ Haie mit schmalen und hochkronigen Zähnen waren dagegen kaum betroffen. Der Übergang von der Kreidezeit zum Paläogen hatte demnach einen anhaltenden, asymmetrischen Effekt auf diese Haiordnung.“

War das Beutespektrum schuld?

Das Interessante daran: Bei den Grundhaien gab es damals diese selektiven Verluste nicht – im Gegenteil. Gerade die Grundhaie mit dreieckigen und flachen Zähnen breiteten sich nach dem Massenaussterben besonders stark aus. Der Grund dafür ist zwar noch unklar, die Forscher vermuten aber, dass diese Haie von einer Verschiebung des Nahrungsangebots nach der Katastrophe profitierten.

„Diese Verschiebung in den Hai-Stammeslinien fiel einerseits mit dem Verlust vieler Kopffüßer und Meeressaurier zusammen, andererseits mit einer explosiven Vermehrung von Knochenfischen der mittleren trophischen Ebene“, erklären die Wissenschaftler. Von letzterem könnten die eher auf kleinere Beute ausgerichteten Grundhaie profitiert haben.

„Die Grundhaie bilden heute die größte Gruppe der Haie – und es scheint, dass die ersten Schritte hin zu dieser Dominanz schon vor 66 Millionen Jahren begannen“, sagt Bazzi. Wie es dann weiterging und ob tatsächlich das Beutespektrum ausschlaggebend war, müssen nun weitere Studien klären. (Current Biology, 2018; doi: 10.1016/j.cub.2018.05.093)

(Uppsala Universitet, 03.08.2018 – NPO)

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