Biologie

Haie sind sozialer als gedacht

Komplexe Sozialstruktur ähnelt der von Meeressäugern wie den Delfinen

Sandtigerhaie (Carcharias taurus) sind zeitweilig sogar recht gesellig. © Jeff Kubina/ CC-by-sa 2.0

Von wegen blutrünstige Einzelgänger: Haie sind viel sozialer als man bisher dachte. Denn ähnlich wie Säugetiere bilden sie komplex strukturierte soziale Gruppen, wie eine Studie an Sandtigerhaien enthüllt. Ihr „soziales Netz“ besteht demnach aus einigen wenigen engeren „Freunden, sowie knapp 200 weniger eng verbundenen Artgenossen. Zudem variiert die Gruppenzusammensetzung bei den Haien auf ähnliche Weise wie bei Meeressäugern.

Meeressäuger wie Delfine und Wale leben häufig in komplex strukturierten Gruppen zusammen. In ihnen bilden sie Cliquen mit Gleichgesinnten, kennen ihre Freunde mit Namen und pflegen Allianzen zum beiderseitigen Vorteil. Demgegenüber galten Haie bisher eher als Einzelgänger – wenn auch mit durchaus unterschiedlichen Persönlichkeiten.

Doch dieses Bild der räuberischen Fische ist falsch, wie Danielle Haulsee von der University of Delaware und ihre Kollegen nun herausfanden. Für ihre Studie klebten sie mehr als 300 Sandtigerhaien Sensoren auf den Rücken, die ihre Bewegungen im Laufe eines ganzen Jahres aufzeichneten. Schon länger ist bekannt, dass sich viele dieser Haie im Sommer in den flachen Küstengebieten vor der US-Ostküste sammeln. Was sie aber den Rest des Jahres tun, war unbekannt.

Gruppen wie bei Meeressäugern

Schon die Auswertung der Bewegungen und Kontaktdaten für zwei der Sandtigerhaie enthüllte Überraschendes: Entgegen gängiger Annahmen bildeten die Haie auch außerhalb des Sommers Gruppen, wie die Forscher berichten. Die Zusammensetzung und Größe dieser Haigruppen wandelte sich dabei im Laufe des Jahres ständig – immer wieder kamen neue Haie hinzu, einige blieben länger, andere kürzer dabei.

Diese Struktur ähnelt dabei überraschend stark denen von Delfinen und Walen. Auch diese bilden soziale Gruppen, die sich mal trennen, mal wieder zusammenfinden und in denen es engere und losere Beziehungen gibt. „Ein solches Fission-Fusion-Sozialverhalten ist bei Säugetieren häufig, wurde aber bei Nichtsäugern bisher nur sehr selten beobachtet“, so Haulsee und ihre Kollegen.

Hätten Sandtigerhaie ein soziales Netzwerk, dann würde das ungefähr so aussehen. © American Geophysical Union

„Freunde“ im sozialen Netzwerk

Würde man das Verhalten der beiden Sandtigerhaie auf ein soziales Netzwerk übertragen, hätten zwischen sieben und 17 enge Freude, mit denen sie sich mehr als 20 Mal im Jahr trafen. Zusätzlich besitzen beide eine lockere Verbindung mit 170 bis 200 weiteren Artgenossen, die zu bestimmten Zeiten des Jahres mit ihnen in einer Gruppe waren, wie die Wissenschaftler feststellten. Die beiden Haie teilten sich dabei 151 von diesen losen Freunden.

Nach Ansicht der Biologen deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass Haie eine komplexere Sozialstruktur besitzen als bisher angenommen. „Solche anspruchsvolleren Prozesse werden oft nur mit Säugetieren verbunden oder sogar nur mit Arten, die wir für ziemlich schlau halten wie Delfine, Elefanten oder Schimpansen“, sagt Hauslee. „Aber unsere Studie zeigt, dass wir diese Verhaltensweisen auch bei Nichtsäugern nicht von vornherein ausschließen sollten.“

Eigenbrödler nur im Spätwinter

Es gibt allerdings bei den Sandtigerhaien eine Zeit, in der sie tatsächlich eher zu Einzelgängern werden: Im Spätwinter und frühen Frühjahr sondern sie sich meist von ihren Artgenossen ab und tun sich nur noch selten mit einem anderen Hai zusammen. Warum das so ist, bleibt noch unklar. Die Biologen vermuten aber, dass entweder die Partnersuche oder knappes Futter und eine besonders intensive Beutejagd der Grund sein könnten.

„Wenn es viel Konkurrenz um Nahrungsressourcen oder potenzielle Partner gibt, dann bringt es keinen Vorteil mehr, in der Gruppe zu bleiben“, erklärt Haulsee. „Dann schwimmt man eher von der Gruppe weg und versucht es allein.“ Die Forscher hoffen, bei der Auswertung der restlichen Sensordaten Genaueres zu erfahren. (AGU Ocean Sciences Meeting, New Orleans)

(American Geophysical Union, 24.02.2016 – NPO)

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