Neurobiologie

Hat auch der Mensch einen Magnetsinn?

Forscher untersuchen Verteilung magnetischer Kristalle im menschlichen Gehirn

Verfügen wir wie Zugvögel über einen eingebauten Magnetkompass? © Trifonov Evgeniy/ iStock.com

Sechster Sinn: Auch der Mensch könnte über einen eingebauten Magnetkompass verfügen. Denn in unserem Gehirn finden sich nicht nur magnetische Kristalle. Sie sind auch noch asymmetrisch verteilt, wie eine Studie nun zeigt. Das Interessante daran: Das menschliche Gehirn nutzt Asymmetrien zur Orientierung. Demnach besitzen wir womöglich tatsächlich einen potenziellen magnetischen Sensor – allerdings einen äußerst schwachen.

Viele Lebewesen verfügen über einen sechsten Sinn: Sie können das Magnetfeld der Erde wahrnehmen. Zugvögel beispielsweise orientieren sich auf ihren langen Flügen maßgeblich daran. Aber auch Fische, Füchse, Wildschweine und Hunde besitzen einen magnetischen Sinn. Umstritten ist dagegen, ob auch der Mensch über entsprechende Anlagen verfügt. Eine wichtige Voraussetzung dafür scheint zumindest gegeben zu sein: Im menschlichen Gehirn gibt es magnetische Kristalle, wie bereits mehrere Studien gezeigt haben.

Wissenschaftler um Stuart Gilder von der Ludwig-Maximilians-Universität München haben nun erstmals die Verteilung dieser magnetischen Partikel systematisch untersucht. Sie analysierten 822 Proben aus insgesamt sieben Gehirnen verstorbener Personen mithilfe eines Magnetometers in einem Speziallabor, das gegen magnetische Störungen isoliert war.

Asymmetrische Verteilung

Tatsächlich konnte das Forscherteam auch in diesen Gehirnen magnetische Kristalle nachweisen. Diese fanden sich vor allem im Kleinhirn und im Hirnstamm – und waren zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte auffällig asymmetrisch verteilt. Das Interessante daran: „Das menschliche Gehirn nutzt Asymmetrien für die räumliche Orientierung, beispielsweise beim Hören“, sagt Gilders Kollege Christoph Schmitz.

Die asymmetrische Verteilung der magnetischen Kristalle spreche daher dafür, dass der Mensch tatsächlich über einen potenziellen magnetischen Sensor verfügt. „Doch aller Wahrscheinlichkeit nach ist dieser Sensor viel zu schwach, um eine relevante biologische Funktion zu haben“, glaubt Schmitz.

Ähnliche Muster auch bei Walen?

In weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler künftig herausfinden, welche Art von magnetischen Kristallen in unseren Denkorganen stecken. „Wir nehmen an, dass es sich um Magnetite handelt, können das zum derzeitigen Zeitpunkt aber noch nicht sicher sagen“, erläutert Gilder.

Zudem stellt sich nun die Frage, ob sich im Gehirn anderer Lebewesen ähnliche magnetische Muster finden lassen – beispielsweise bei Walen. Die riesigen Meeressäuger orientieren sich im Ozean zielgerichtet über sehr lange Strecken. „Wir werden untersuchen, ob wir auch bei ihnen magnetische Partikel nachweisen können und ob diese ebenso asymmetrisch verteilt sind“, sagt Schmitz. „Dabei wird aber selbstverständlich kein einziger Wal für diese Forschung sterben müssen.“ (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-018-29766-z)

(Ludwig-Maximilians-Universität München, 01.08.2018 – DAL)

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