Medizin

Hitzeschockproteine bringen Tumoren ins Schwitzen

Neue Versuche bestätigen immunstimulierende Wirkung

Hitzeschockproteine können weit mehr als ihr Name verrät. Zwar schützen Vertreter dieser Gruppe viele Proteine bei Hitze und in anderen Stresssituationen. Sie können aber auch das Tumorwachstum in Mäusen verhindern oder verzögern, wie eine Studie jetzt zeigt.

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Schon in den 1980er Jahren deuteten Versuche an, dass die Hitzeschockproteine eine immunstimulierende Wirkung besitzen. Später wurde dies allerdings in Zweifel gezogen, weil auch andere aktive Komponenten in den Präparaten nachgewiesen wurden, so dass die Effekte nicht zweifelsfrei den Hitzeschockproteinen zugeschrieben werden konnten. Unter der Leitung von Elfriede Nößner vom GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit hat jetzt ein Forscherteam ähnliche Versuche durchgeführt – allerdings mit hochreinen Präparaten.

Wie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Biological Chemistry“ berichtet wird, zeigte sich dabei, dass das menschliche Hitzeschockprotein Hsp70 tatsächlich an der Stimulation von Immunzellen beteiligt ist. Weitere Experimente sollen nun eine mögliche therapeutische Nutzung dieser immunaktivierenden Eigenschaften der Hitzeschockproteine prüfen.

T-Zellen als Schlüsselfaktor

Proteine können ihre vielfältigen Aufgaben nur erfüllen, wenn sie in einer jeweils spezifischen dreidimensionalen Struktur vorliegen. So genannte Hitzeschockproteine überwachen die korrekte Faltung neu produzierter Proteine und stabilisieren die Struktur von Proteinen, wenn die Zelle in Stress gerät. „Bei den Experimenten in den 80er Jahren wurde Hsp70 geimpft, das man aus Tumoren isoliert hatte“, berichtet Nößner. „Für den dann beobachteten tumorinhibierenden Effekt waren T-Zellen und so genannte Antigen-präsentierende Zellen verantwortlich.“

T-Zellen sind weiße Blutkörperchen und Teil der Immunabwehr. Sie werden mit Hilfe Antigen-präsentierender Zellen, vor allem der dendritischen Zellen, aktiviert. Denn diese nehmen Bestandteile von infizierten Zellen und Tumorzellen auf und präsentieren die Fremdstoffe (Antigene) auf der Zelloberfläche, wo sie von T-Zellen erkannt werden.

Erstmals Tests mit hochreinem Hsp70

In den aktuellen Experimenten stellten die Forscher eigene Präparationen des menschlichen Hsp70 her und entfernten alle bereits bekannten immunwirksamen Komponenten sowie alle potentiell aktiven chemischen Beiprodukte. „Unsere Versuche sind die ersten mit hochreinem humanen Hsp70-Protein“, so Nößner. „Wir haben menschliches Protein verwendet, weil Hsp70 aus anderen Organismen nicht notwendigerweise dieselben Funktionen erfüllt.

Nach derzeitigem immunologischem Kenntnisstand hängt die Effektivität der T-Zellstimulation in entscheidendem Maße davon ab, wieviel Antigen von den dendritischen Zellen präsentiert wird und in welchem Differenzierungszustand sich die dendritischen Zellen befinden. Die Forscher fanden Hinweise, dass Hitzeschockproteine diese beiden Parameter positiv beeinflussen.

Komplex erleichtert den Immunzellen ihre Arbeit

Die neuen Ergebnisse mit hochreinem Protein zeigten nun, dass humanes Hsp70 die dendritischen Zellen nicht aktiviert – und trotzdem die T-Zellstimulation verbessert. Das Protein erhöht die Reaktivität der CD8-T-Zellen, weil es mit dem Antigen einen Komplex bildet, der dann besser von dendritischen Zellen aufgenommen werden kann. Der erhöhte Antigenspiegel in den dendritischen Zellen führt dann dazu, dass T-Zellen stärker stimuliert werden.

„Wir konnten dieses Prinzip für zwei Tumorantigene, Tyrosinase und Melan-A/MART-1, bestätigen“, berichtet Nößner. „Beide werden in Melanomen, also bei Hautkrebs, verstärkt gefunden. Durch eine bislang einzigartige Verknüpfung immunologischer und biochemischer Methoden konnten wir den direkten Zusammenhang zwischen Hsp70-Antigenkomplexierung und T-Zellaktivierung nachweisen.“

Zukünftige Anwendung bei Tumorpatienten möglich

Mit den neuen Erkenntnissen wird eine klinische Nutzung des humanen Hsp70 wieder interessant. „Es ist denkbar, dass man die immunaktivierenden Eigenschaften des humanen Hsp70 zur Induktion oder Verbesserung der antitumoralen Immunität klinisch einsetzen kann“, so Nößner. Dazu soll nun weiterführend untersucht werden, ob Hsp70 auch auf die Entwicklung eines immunologischen Gedächtnisses positiven Einfluss nimmt. Ein solches Gedächtnis ist wichtig, damit Tumorzellen oder Virusinfektionen auch später, etwa wenn sich Metastasen ausbilden, erkannt und abgetötet werden. Damit sich Gedächtniszellen bilden, muss man CD4-T-Zellen aktivieren, also eine weitere Gruppe weißer Blutkörperchen.

Die Aktivierung von CD4-T-Zellen ist bei Tumorpatienten, aber auch bei Patienten mit schweren chronischen Virusinfektionen gestört“, berichtet Nößner. „Möglicherweise ist dies der Grund, warum in vielen Fällen die Immunantwort nicht alle bösartigen oder infizierten Zellen beseitigen kann.“ Die geplanten Experimente sollen zeigen, ob Hsp70 auch die Aktivierung von CD4-T-Zellen verbessert und so zur Bildung eines immunologischen Gedächtnisses beitragen kann.

(Universität München, 22.10.2007 – NPO)

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