Wie schnell sich das Immunsystem eines HIV-Patienten verschlechtert, ist nicht entscheidend für die Krankheitsprognose. Das hat eine neue Studie Basler Forscher gezeigt, über die sie in der Fachzeitschrift „PLoS Medicine“ berichten. Die Erkenntnis könnte nach Angaben der Wissenschaftler zur Änderung bisheriger Behandlungsrichtlinien führen.
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HIV schwächt das menschliche Immunsystem kontinuierlich. Das Virus zerstört unter anderem systematisch einen Typ von Abwehrzellen namens CD4-Helferzellen. Normalerweise beginnen Ärzte Patienten erst mit einem Medikamenten-Cocktail zu behandeln, wenn die Zahl dieser Zellen im Blut unter einen bestimmten Wert gefallen ist.
Die meisten internationalen Behandlungsrichtlininien empfehlen heute einen Therapiebeginn bei 350 CD4-Zellen pro Mikroliter. Viele Richtlinien ziehen zusätzlich in Betracht, wie rasch sich das Immunsystem verschlechtert. Sie raten den Ärzten, bei einem raschen Abfall der CD4-Zellzahl schon früher mit der Behandlung zu beginnen.
Sterberisiko nicht erhöht
Eine internationale Studie unter der Leitung von Forschern der Universität und des Universitätsspitals Basel zeigt nun aber, dass der Therapie-Entscheid nicht vom Tempo der Immunverschlechterung abhängig gemacht werden sollte. Sie fand keinen Unterschied im Krankheitsverlauf zwischen Patienten mit raschem und langsamem CD4-Zell-Abfall.
Das Team um Marcel Wolbers und Heiner Bucher vom Basler Unispital untersuchte die Daten von 2.820 Patienten aus Europa, Amerika und Australien. Weil bei diesen Patienten der Zeitpunkt der Ansteckung mit HIV bekannt war, konnte gemessen werden, wie rasch sich ihr Immunsystem bis zum Beginn der Behandlung verschlechtert hatte.
Laut den Forschern variiert das Tempo der Immunverschlechterung zwischen den Patienten enorm und ist nicht vorhersagbar. Bei Menschen mit rascher Abnahme der Zahl der Helferzellen brach die Immunschwächekrankheit Aids nicht häufiger aus als bei Menschen mit langsamer Abnahme – und ihr Sterberisiko war auch nicht erhöht.
Regelmäßige Kontrolle nötig
Die neue Studie zeigte auch, dass sich die Abnahmerate beim einzelnen Patienten im Verlauf der Jahre stark verändern kann. Misst ein Arzt sie zu einem bestimmten Zeitpunkt, kann er also nicht auf den weiteren Verlauf schließen – entscheidend für den Therapieentscheid ist einzig die aktuelle CD4-Zellzahl.
Dass die Abnahmerate nicht vorhergesagt werden kann, hat laut den Forschern eine weitere Konsequenz: Die Zahl der CD4-Zellen bei HIV-Positiven muss regelmäßig – mindestens alle sechs Monate – gemessen werden. Nur so ist gewährleistet, dass der Schwellenwert nicht verpasst wird, bei dem die medikamentöse Therapie beginnen muss.
Weltweit sind rund 30 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Die Krankheit kann nicht geheilt werden. Hoch wirksame Medikamente erlauben es aber heute, das HI-Virus unter Kontrolle zu halten. HIV ist so von einer tödlichen Infektionskrankheit zu einer behandelbaren chronischen Krankheit geworden.
(idw – Universität Basel, 25.02.2010 – DLO)