Botanik

Höchster Baum der Tropen entdeckt?

Baumriese ist fast so hoch wie der Londoner Uhrenturm Big Ben

Der Gigant der Art Yellow Meranti ist 89,5 Meter hoch © Stephanie Law

Gigant der Tropen: Forscher haben in Malaysia den wohl höchsten Baum der Tropen entdeckt. Es handelt sich um ein Exemplar der Art Yellow Meranti – jene Art, die Spieler auch im Computergame „Minecraft“ anbauen können. Wie die Wissenschaftler berichten, ist der Baum 89,5 Meter hoch. Damit schlägt er den bisherigen Rekordhalter um gut einen Meter.

Ob in den Tropen, in gemäßigten Breiten und sogar bis in den hohen Norden: Bäume gibt es fast überall auf der Erde. Insgesamt rund drei Billionen dieser Pflanzen wachsen auf unserem Planeten, wie kürzlich die erste globale Baum-Volkszählung ergab. Den Größenrekord halten dabei die gewaltigen Küstenmammutbäume an der Westküste der USA. Diese Baumriesen können mitunter bis zu 115 Meter hoch werden und einen Durchmesser von sieben Metern erreichen.

Nicht ganz so hoch ist ein Baum, den Wissenschaftler um David Coomes von der University of Cambridge nun im Maliau-Becken-Schutzgebiet im Nordosten der Insel Borneo entdeckt haben. Das Exemplar eines Yellow Meranti-Baums bricht dennoch einen Rekord: Es könnte sich um den größten Baum der Tropen handeln. „Bäume in gemäßigten Regionen können rund 30 Meter höher werden“, sagt Coomes. „In den Tropen scheinen 90 Meter jedoch das Limit zu sein. Warum das so ist, weiß keiner.“

Größenbestimmung unter erschwerten Bedingungen

Wie die Forscher den Baumriesen entdeckten© University of Cambridge

Die Forscher stießen bei einem Erkundungsflug über das hunderte Quadratkilometer große malayische Waldgebiet auf den Riesen. Mithilfe eines speziellen Lasersystems, das aus dem Flugzeug dreidimensionale Aufnahmen der bewaldeten Fläche machte und dabei auch die Entfernung zu den Baumkronen berechnete, fertigten Coomes und seine Kollegen Baum für Baum eine detaillierte Karte des Waldes an. Auf ihr erspähten sie den ungewöhnlich hohen Meranti.

Dann wurde es kompliziert. Denn um die exakte Höhe des Baums zu messen, konnte sich das Team nicht auf moderne Technik verlassen. Der einzige Weg seine Größe zu bestimmen erforderte Schweiß und Kletterkünste: Ein erfahrener Baumkletterer musste den Meranti mitsamt eines Maßbands erklimmen. Offensichtlich keine leichte Übung: „Oben angekommen, konnte ich nicht einmal schöne Fotos machen, weil ich von einem Adler attackiert wurde und außerdem jede Menge Bienen um mich herumschwirrten“, erklärt er.

Verbreitet in „Minecraft“, bedroht in der Natur

Der Baumriese kann es fast mit dem Londoner Uhrenturm Big Ben aufnehmen © University of Cambridge

Die Größenbestimmung zeigte: Weil der Baum an einem Hang steht, ist er je nach Messpunkt unterschiedlich hoch – er erreicht zwischen 91 und 88 Meter. „Im Schnitt sind das etwa 89,5 Meter“, sagt Coomes. Damit sei der Meranti ungefähr so hoch wie 65 Menschen, die aufeinander stehen oder zwanzig gestapelte Londoner Doppeldeckerbusse. Die Höhe des Londoner Uhrenturms Big Ben verfehlt er nur knapp.

Auch der alte Rekordhalter in den Tropen war ein Yellow Meranti, wie die Wissenschaftler berichten. Dieses Exemplar hatte eine Höhe von 88,3 Metern. Doch die Riesen der Tropen haben es nicht leicht. Ihr Lebensraum wird durch menschliche Einflüsse immer kleiner – hauptsächlich durch die Abholzung der Regenwälder. Auf der Roten Liste der bedrohten Arten gilt der Yellow Meranti deshalb als akut gefährdet. „Tätsächlich könnte es inzwischen mehr Exemplare dieser Art in der Cyberwelt geben als in der realen Natur“, erklärt Coomes. „Der Yellow Meranti ist nämlich einer der Bäume, die man in dem Computerspiel Minecraft anbauen kann.“

Giganten als wichtige Bestandteile des Ökosystems

„Diese Giganten zu erhalten ist enorm wichtig. Denn sie sind für die Gesundheit und Ökologie der Wälder von großer Bedeutung“, betonen die Forscher. Für sie kommt die Entdeckung des neuen Rekordhalters zu einem günstigen Zeitpunkt: „Gerade hat die hiesige Regierung beschlossen, mehr für den Schutz und den Wiederaufbau abgeholzter Regionen rund um das Maliau-Becken-Schutzgebiet zu tun. Es ist aufregend zu sehen, dass die Baumriesen in nächster Nähe zu diesem Projekt vorkommen und es ihnen offensichtlich gut geht“, schließen sie.

(University of Cambridge, 08.06.2016 – DAL)

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