Ob jemand Gitarre, Klavier oder Cello spielt, könnte weniger eine bewußte Entscheidung sein, als vielmehr die Folge seines im Gehirn verankerten Hörtyps. Grund- oder Obertonhörer nehmen Klangfarben verschieden gut war und verarbeiten sie auch unterschiedlich im Gehirn, wie Wissenschaftler jetzt festgestellt haben.
Gleiche Töne werden von verschiedenen Personen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die Ursache dafür liegt im Gehirn. Denn wie ein Ton klingt, hängt von Strukturen im Großhirn ab: Wer mehr Obertöne und damit eher lang ausgehaltene, tiefe Klänge hört, hat mehr graue Nervenzellsubstanz im „Hörzentrum“ der rechten Großhirnrinde, der so genannten Heschlschen Querwindung. Wer stärker den Grundton hört oder kurze, scharfe Töne bevorzugt, weist diese Besonderheit in der linken Hirnhälfte auf.
Dies sind Ergebnisse einer Studie, die am 21. August 2005 als online- Publikation von „Nature Neurosciences“ und in der September- Druckausgabe veröffentlicht wird. Wissenschaftler der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg haben gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Liverpool, Southampton und Maastricht insgesamt 420 Personen untersucht, die Mehrzahl davon Musikstudenten und Orchestermusiker.
Musikalität unabhängig von Hörtyp
Mit umfangreichen Hörtests wurde ermittelt, ob die Testpersonen zu der Gruppe der „Grundtonhörer“ oder der „Obertonhörer“ gehörte. Bei jedem natürlichen Ton wird neben dem Grundton, der die Tonhöhe bestimmt, eine Vielzahl höherer Töne erzeugt. Diese Obertöne ergänzen das Frequenzspektrum eines Tons und geben ihm seine individuelle Klangfarbe. Bei 87 Testpersonen aus beiden Gruppen wurden zusätzlich im Kernspintomogramm Hirnstrukturen sichtbar gemacht und mit der Magnetenzephalographie (MEG) ihre Funktionen gemessen. Die MEG ist eine sehr empfindliche Methode für die Messung von Gehirnaktivitäten. Sie misst geringe Magnetfelder, die durch aktive Nervenzellen in der Großhirnrinde erzeugt werden.