Frühe Ankunft: Die ersten modernen Menschen könnten Asien doch schon vor dem legendären Ausbruch des Supervulkans Toba erreicht haben. Dafür spricht nun eine neue Analyse von Zahnfossilien aus einer Höhle auf Sumatra. Demnach sind die Funde zwischen 73.000 und 63.000 Jahre alt und eindeutig die Überreste anatomisch moderner Menschen. Die Forscher liefern damit neuen Zündstoff für die heiß diskutierte Frage, wann der Homo sapiens nach Asien kam.
Wann kamen die ersten modernen Menschen nach Asien? Über diese Frage streiten Wissenschaftler seit Jahren vehement. Lange Zeit gingen Experten einhellig davon aus, dass unsere Vorfahren Afrika vor rund 50.000 bis 60.000 Jahren verließen und sich dann in unterschiedlichen Strömen sowohl nach Europa als auch über den Nahen Osten nach Asien ausbreiteten.
2007 schienen Funde von Steinwerkzeugen diese Theorie jedoch über den Haufen zu werden. Die charakteristischen Relikte deuteten darauf hin, dass der Homo sapiens bereits vor 74.000 Jahren in Indien weilte. Das hätte bedeutet: Er kam vor dem legendären Ausbruch des Supervulkans Toba auf den Kontinent – und überlebte die Naturkatastrophe. Wenige Jahre später führte ein Forscherteam allerdings noch einmal archäologische und genetische Untersuchungen durch und kam zu dem Schluss: Die Vor-Toba-These stimmt doch nicht.
Anlass zu neuen Debatten
Welche Interpretation die richtige ist, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Neue Analysen von Fossilien aus einer Höhle auf der indonesischen Insel Sumatra geben nun jedoch Anlass zu neuen Debatten. Denn die Funde, die ursprünglich bereits im späten 19. Jahrhundert entdeckt wurden, sprechen für eine frühe Ankunft moderner Menschen in Asien.
Bei den Fossilien handelt es sich um zwei menschliche Zähne, deren genaue taxonomische und zeitliche Einordnung bisher unbekannt war. Um diese offenen Fragen zu klären, haben Kira Westaway von der Macquarie University in Sydney und ihre Kollegen die Zähne genauer unter die Lupe genommen.
70.000 Jahre alte Zähne
Die morphologische Auswertung zeigte, dass es sich bei den Fossilien eindeutig um Überreste anatomisch moderner Menschen handelt. Doch wie alt sind sie? Darüber gab eine Altersbestimmung der Zähne sowie der Sedimentschichten Auskunft, aus denen die Funde stammen. Um möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen, nutzten die Wissenschaftler zu diesem Zweck neben der Uran-Thorium-Datierung noch zwei weitere Datierungsverfahren.
Ihr Fazit: Die Fossilien sind zwischen 73.000 und 63.000 Jahre alt. Lebten moderne Menschen also doch bereits vor dem katastrophalen Toba-Ausbruch in Asien? Die Funde aus Indonesien jedenfalls untermauern dem Team zufolge diese Theorie. Tatsächlich passt das Ergebnis auch zu neuen Erkenntnissen, nach denen der Homo sapiens bereits vor 65.000 Jahren in Australien angekommen sein könnte. Denn nach gängiger Lehrmeinung gelangten die Vorfahren der Aborigines über Asien und Ozeanien nach „Down Under“.
Treffen mit den „Hobbit-Menschen“?
Stimmt die Einschätzung der Forscher, dann hieße das auch: Der Homo sapiens könnte in Asien sogar noch dem rätselhaften Homo floresiensis begegnet sein. Dieser zwergenhafte „Hobbit-Mensch“ lebte bis vor rund 50.000 Jahren auf der indonesischen Insel Flores.
Und noch etwas offenbart die Untersuchung von Westaways Team: Die ersten modernen Menschen, die Asien erreichten, müssen bereits über erstaunlich ausgefeilte Überlebensstrategien verfügt haben. Denn der Fund ist auch der früheste Beleg für die Besiedlung von Regenwald durch moderne Menschen, wie fossile Pollen zeigen.
Anders als etwa leicht zugängliche und nahrungsreiche Küstenregionen sei der Urwald ein deutlich herausfordernderer Lebensraum, schreiben die Forscher: „Die Ressourcen dieser Umgebung erfolgreich zu nutzen, erforderte komplexes Planen und fortschrittliche Technologien.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature23452)
(Nature, 10.08.2017 – DAL)