Afrika, Asien oder doch Europa? Bisher war unklar, wo unsere Honigbiene Apis mellifera ihren Ursprung hatte. Jetzt legen genetische Vergleiche nahe, dass der Urahn dieser Bienen vor rund acht Millionen Jahren in Asien entstand. Von dort breiteten sich seine Nachkommen nach Afrika aus und in zwei verschiedenen Stammeslinien auch nach Europa. Eine besondere Rolle für den Erfolg und die Ausbreitung der Honigbienen spielten offenbar Anpassungen der Arbeiterinnen und des Kolonieverhaltens.
Die westliche Honigbiene (Apis mellifera) ist die dominierende Honigbienenart in Europa, Afrika und dem Westen Asiens – sie kommt sowohl in kühlen Regionen vor wie in den Tropen und hat sich an unterschiedlichste Lebensräume angepasst. Gleichzeitig ist sie der wichtigste Bestäuber und Honigproduzent weltweit. Doch wo diese Bienenart ursprünglich entstand, ist stark umstritten. Als Urheimat von Apis mellifera sind sowohl Afrika als auch Asien oder Europa in der Diskussion.
Ursprung liegt in Asien
Jetzt wirft ein Genvergleich neues Licht auf die Herkunft der Honigproduzentin. Für ihre Studie hatten Kathleen Dogantzis von der York University in Toronto und ihre Kollegen das Erbgut von 251 Bienen aus 18 Unterarten aus Europa, Afrika und Asien analysiert und verglichen. „Wir wollten die Populationsstruktur der Subspezies und ihre Stammeslinien aufklären und so die evolutionären Beziehungen entschlüsseln“, erklären die Forschenden.
Die Analysen bestätigten, dass die insgesamt rund 30 Unterarten von Apis mellifera auf sieben Stammeslinien zurückgehen. Die genetischen Übersteinstimmungen legen nahe, dass die gemeinsamen Vorfahren aller dieser Linien vor rund acht Millionen Jahren in Asien entstanden. „Das passt auch besser zu der gängigen Hypothese, nach der alle Apis-Arten von einem gemeinsamen Urahn in Asien abstammen, statt dass Apis mellifera als einzige Art unabhängig davon in Afrika entstanden sein soll“, konstatiert das Team.
Zweimal aus Asien nach Europa
Noch in Asien könnte sich die Urform von Apis mellifera vor rund zwei bis fünf Millionen Jahren in mehrere Linien aufgetrennt haben. Die als M bezeichnete Linien breitete sich dann vor ein bis zwei Millionen Jahren über eine nördliche Route nach Nord- und Mitteleuropa aus. „Obwohl frühere Studien auf Basis einiger genetischer Ähnlichkeiten mit der afrikanischen A-Linie annahm, dass die M-Linie aus Afrika nach Europa kam, beruhen diese Übereinstimmungen vermutlich eher auf jüngsten Vermischungen“, erklären Dogantzis und ihre Kollegen.
Etwa im gleichen Zeitraum spaltete sich die zweite europäische Stammeslinie der Honigbienen (C) von der westasiatischen O-Linie ab und kolonisierte daraufhin den Süden Europas. Die heutigen Unterarten der Honigbienen entstanden dann vor rund 140.000 bis 280.000 Jahren. In Afrika bildete sich erst die noch eng mit der asiatischen Urform verwandte L-Linie, die heute in Ägypten vorkommt, dann entstand die im Rest Afrikas verbreitete A-Stammeslinie.
Hotspots der genetischen Anpassung
Interessant auch: Die genetischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Abstammungslinien der Honigbienen verteilen sich nicht gleichmäßig über das aus gut 12.000 Genen bestehende Erbgut, sondern konzentriert sich in nur 145 dieser Gene. Diese „Hotspots“ spielten offenbar eine besonders wichtige Rolle für die evolutionäre Anpassung. „Unsere Forschung spricht dafür, dass dieser Kernsatz an Genen es der Honigbiene erlaubte, sich über ein Gebiet mit so vielen unterschiedlichen Umweltbedingungen auszubreiten“, sagt Dogantzis.
Ein Schlüssel für diese Anpassungen waren dabei die in diesem genetischen Hotspot kodierten Merkmale der Arbeiterinnen und des Sozialverhaltens im Bienenstaat. „Dies zeigt: Die Entwicklung des sozialen Lebens der Bienen in einem Staat und zusätzlich neue Arbeiterinnen- und Koloniemerkmale scheinen die Ausbreitung der Honigbienen in ihrem jetzt riesigen Verbreitungsgebiet ermöglicht zu haben“, sagt Koautor Eckart Stolle vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. (Science Advances, 2031; doi: 10.1126/sciadv.abj2151)
Quelle: York University, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels