Wenn Pflanzen beim Konkurrenzkampf ums Licht ins Hintertreffen geraten, weil Größere sie überwachsen, steuern sie gegen: Sie bilden schneller längere Triebe aus und recken ihre Blätter zur Sonne. Die molekularen Grundlagen dieses so genannten Schattenvermeidungssyndroms waren bislang ungeklärt. Forscher aus Utrecht und Bochum haben jetzt aber endlich einen entscheidenden Steuerungsweg aufgeklärt.
Das Pflanzenhormon Auxin, das bei dem Anpassungsprozess eine wichtige Rolle spielt, sammelt sich dank eines speziellen Exportproteins (PIN3) in den äußeren Zellschichten der Pflanze an, die somit schneller wachsen. Das Forscherteam um den Pflanzenhormonspezialist Professor Stephan Pollmann von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) berichtet über seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS).
Plötzlich im Schatten: Pflanzen steuern gegen
Pflanzen wachsen häufig in komplexen Ökosystemen, was die Gefahr birgt, von benachbarten Pflanzen überwachsen zu werden und im Schatten der Größeren zu stehen. Um dieser Situation entgegenzuwirken und ihre Konkurrenzfähigkeit zu steigern, besitzen Pflanzen eine Reihe von Anpassungsmechanismen, die es ihnen erlauben, konkurrierende Nachbarn wahrzunehmen und flexibel zu reagieren. Unverzichtbar ist dafür die stetige Wahrnehmung der Lichtintensität und -qualität.
„Das Photosynthesepigment Chlorophyll in den Blättern absorbiert praktisch alle Blau- und Hellrot-Anteile des Lichtes und lässt nur Dunkelrotlicht passieren“, erläutert Pollmann. „Im Laubschatten verschiebt sich das Verhältnis von hellrot zu dunkelrot maßgeblich.“ Bemerkt die Pflanze eine solche Verschiebung durch entsprechende Lichtrezeptoren, startet sie eine Reihe von Anpassungen des Entwicklungsprogramms, die man als Schattenvermeidungssyndrom zusammenfasst. Dazu zählen ein beschleunigtes Sprosswachstum und eine Aufwärtsbewegung der Blätter (Hyponastie).