Ist die Angst vor dem „bösen Wolf“ den Elchen angeboren? Fürchten die Hirsche Nordasiens den sibirische Tiger selbst wenn sie ihm noch nie begegnet sind? Genau diese Fragen nach der Verankerung der Reaktion auf Fressfeinde haben jetzt amerikanische Forscher untersucht. Entscheidend sind die Ergebnisse vor allem in Gebieten, in denen Großräuber verschwunden waren, jetzt aber wieder ausgewildert werden sollen.
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Joel Berger, Forscher der Wildlife Conservation Society, untersuchte für seine Studie 19 Gebiete im Osten Russlands, in Grönland, Kanada und den USA. Er verglich das Verhalten von vier potenziellen Beutetieren – Rothirsch, Karibu, Elch und Bison – in drei unterschiedlichen Bedingungen: In Gebieten in denen es noch natürliche Feinde gibt, wie beispielsweise Ostsibirien oder Alaska, in Gebieten, in denen die Feinde ausgerottet sind, wie auf der norwegischen Insel Svalbard, und Gebiete, in denen die Topprädatoren nach ihrem Verschwinden wieder vom Menschen wieder eingeführt wurden, wie in den Yellowstone und Grand Teton Nationalparks.
Präsenz ist entscheidend
Um die Reaktion der Tiere auf ihre traditionellen Feinde zu testen, spielte Berger ihnen Tonaufnahmen von Wolfsgeheul oder Tigerbrüllen vor und beobachtete ihre Reaktion. Es zeigte sich, dass die Huftiere in den Gebieten, in denen ihre Feinde fehlten, keinerlei typische Fluchtreaktion aufwiesen. In den Bergen Ostsibiriens dagegen, in denen noch Wölfe und Tiger leben, reagierten die Elche sofort, indem sie sich sammelten und flohen.