Mal so, mal so: Das in den Tropen heimische Dreifaltigblatt ist normalerweise harmlos, kann aber zum Fleischfresser werden – und bildet dann spezielle Klebefallen aus. Forschende haben nun herausgefunden, unter welchen Umständen dieser Wandel eintritt. Demnach führt ein Phosphormangel im Boden dazu, dass die Pflanze ihre Fallenblätter bildet. Die Insekten, die sie damit fängt, dienen dann so lange als alternative Phosphorquelle, bis der Boden wieder nährstoffreicher ist.
Die meisten Pflanzen stellen ihre Nahrung per Photosynthese selbst her, einige wenige ernähren sich von Insekten und eine einzige kann beides: Das Haken- oder Dreifaltigblatt (Triphyophyllum peltatum) wächst im tropischen Westafrika und ist ein sogenannter fakultativer Karnivore. Das bedeutet, dass es sich als einzige bekannte Pflanze unter bestimmten Umständen zum Fleischfresser entwickeln kann. Auf seinem Speiseplan stehen dann kleine Insekten, die es mit Hilfe von Klebefallen fängt. Doch was genau den Schalter umlegt und beim Dreifaltigblatt den Blutdurst weckt, war bisher unklar.
Wandelbares Blätterarsenal
Der Name Dreifaltigblatt deutet bereits darauf hin, dass die tropische Pflanze insgesamt drei Arten von Blättern bilden kann. Zu Beginn ihrer Entwicklung trägt sie einfache Laubblätter, mit denen sie wie die meisten Pflanzen Photosynthese betreibt. Später können sich aber auch sogenannte Fallenblätter bilden, die zahlreiche Klebefallen in Form von Sekrettropfen tragen. Haben diese ihren Zweck erfüllt, bildet die Pflanze entweder wieder normale Laubblätter oder – falls sie in der Zwischenzeit ins Lianenstadium eingetreten ist – Blätter mit zwei Haken an der Spitze als Kletterhilfe.
Wie lange welches Entwicklungsstadium anhält, ist allerdings sehr unterschiedlich. Manche Dreifaltigblätter durchlaufen keine einzige karnivore Fallenblatt-Phase, andere holen eine zunächst ausgefallene Fleischfresserzeit hingegen zu einem späteren Zeitpunkt nach. Doch was bestimmt, ob und wann die Pflanze Appetit auf Fleisch bekommt?
Pflanzen im Stresstest
Die Hintergründe der flexiblen Ernährung des Dreifaltigblattes sind unter anderem deshalb so lange ungeklärt geblieben, weil sich die Pflanze nur schwer kultivieren und daher nicht experimentell untersuchen ließ. Doch Wissenschaftlern um Traud Winkelmann von der Leibniz Universität Hannover ist nun genau das gelungen. Das Team hat das Dreifaltigblatt sowohl in-vitro in Kulturgefäßen mit Nährmedium als auch im Gewächshaus sprießen lassen.
Dort konnten Winkelmann und ihre Kollegen die Liane dann verschiedenen Umweltbedingungen und Stressfaktoren aussetzen und beobachten, ob sie darauf mit der Bildung von Fallenblättern reagiert. Dabei testeten sie zunächst Stressoren wie hohe Lichtintensität, Hitze, kühlere Temperaturen sowie verschiedene Stresshormone. Nachdem nichts davon die Pflanze dazu brachte, ihre blutrünstige Seite zu zeigen, versuchte es das Team mit Nährstoffmängeln von Stickstoff, Kalium und Phosphor.
Phosphormangel weckt Lust auf Fleisch
Das Ergebnis: Auch der Mangel an Kalium führte zu keiner sichtbaren Blattveränderung und der Stickstoff-Mangel ließ die Blätter lediglich verkümmern und ausbleichen. Der Phosphormangel hingegen entpuppte sich schließlich als der entscheidende Faktor, der die Verwandlung des Dreifaltigblattes auslöst. Während auch dabei einige Blätter schmaler oder bräunlich wurden, entwickelte sich gleichzeitig an 67 Prozent der untersuchten Triebe jeweils mindestens ein klebriges Fallenblatt.
„Die Entwicklung der Fallenblätter begann mit einer charakteristischen Einrollung der mit grünen Drüsen bedeckten Blattspitzen. Innerhalb weniger Tage färbten sich die Drüsen rot und etwa ein bis zwei Wochen später wurde eine klebrige Flüssigkeit festgestellt, die von den Drüsen an der Basis ausging“, berichten Winkelmann und ihre Kollegen. Diese Sekrettropfen können im Dschungel kleine Insekten festhalten, die dann mit speziellen Enzymen verdaut werden.
Durch diesen Wandel zum Karnivoren versorgt sich das Dreifaltigblatt mit Phosphor aus den von ihr verdauten Insekten und gleicht so den Nährstoffmangel im Boden aus. „Sobald der Phosphorgehalt des Bodens wieder das Niveau von vor dem Mangel erreicht hat, werden die weniger energieintensiven photosynthetischen Blätter gebildet“, erklären die Wissenschaftler. (New Phytologist, 2023; doi: 10.1111/nph.18960)
Quelle: Leibniz Universität Hannover, New Phytologist