Der frühe Kontakt mit Mikroorganismen kann Kinder vor Asthma schützen. Worauf dieser Schutz basieren könnte, hat jetzt in internationales Forscherteam an Mäusen herausgefunden: Werden Jungtiere mit einem Grippevirus oder bestimmten Bakterienbausteinen infiziert, aktiviert dies einen bestimmten Typ von Immunzellen, der später die asthmatypische Überreaktion der Atemwege verhindert. Wie die Forscher im „Journal of Clinical Investigation“ berichten, eröffnet dies daher einen Ansatz für die Vorbeugung gegen Asthma auch beim Menschen.
In den letzten drei Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Asthma besonders bei Kindern stark zugenommen. Die genauen Ursachen dieses komplexen und heterogenen Syndroms sind aber nur in Teilen verstanden. Klar scheint nur, dass ein Kontakt mit Bakterien und anderen Mikroorganismen im frühen Kindesalter eine schützende Wirkung gegen die allergische Reaktion der Atemwege zu haben scheint.
Influenza-A als „Schutzimpfung“
Jetzt hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Dale Umetsu von der Harvard Medical School erstmals einen Mechanismus identifiziert, der diese schützende Wirkung erklärt und darüber hinaus einen neuen Ansatz für die Asthmavorbeugung liefern könnte. In ihrer Studie infizierten die Wissenschaftler zwei Wochen alte Jungmäuse sowie eine Gruppe von adulten Kontrollmäusen mit Influenza A-Viren des Stamms H3N1. Sechs Wochen nach dieser Behandlung wurden beide Gruppen auf ihre Anfälligkeit gegenüber einer allergiebedingten Atemwegsüberreaktion getestet.
Infektion aktiviert schützende Immunzellen
Das Ergebnis: Die bereits als Jungtiere mit H3N1 infizierten Mäuse erweisen sich als immun gegenüber den Allergieauslösern, die erst als Erwachsene infizierten Tiere dagegen nicht. In weiteren Versuchen konnten die Forscher auch näher bestimmen, wie dieser Schutzeffekt zustande kommt: Eine bestimmte Sorte von Zellen des Immunsystems, die so genannten NKT-Zellen, vermehrten sich stärker bei den geschützten Mäusen und reiften aus. Übertrugen die Wissenschaftler diese Zellen auf normale, nicht zuvor mit H3N1 „geimpfte“ Mäuse, übertrug sich auch der Schutzeffekt: Die NKT-Zellen verhinderten eine Überreaktion der Atemwege auf ein Allergen.
Funktioniert auch mit harmlosen Bakterienbausteinen
Ausgehend von dieser Erkenntnis suchten die Forscher nach weiteren Möglichkeiten, die Aktivierung der NKT-Zellen auch ohne vorhergehende Influenza-Infektion auszulösen. Tatsächlich zeigte sich, dass auch ein Glycolipid aus dem Magenbakterium Helicobacter pylori für einen ähnlichen Effekt sorgt. Langfristig könnte dies daher einen Weg auch zur Asthmavermeidung beim Menschen eröffnen: Werden Wirkstoffe, die auf dem Helicobacter-Molekül basieren, entwickelt, könnten sie Asthma-gefährdeten Kindern verabreicht werden und so schon die Entwicklung des Asthmas verhindern.
(Journal of Clinical Investigation, 15.12.2010 – NPO)