Biologie

Innere Uhr macht Immunabwehr anfälliger

Biorhythmus steuert Produktion von Sensormolekül gegen Eindringlinge

Innere Uhr © MMCD/NASA

Die innere Uhr hat einen direkten Einfluss darauf, wie effektiv das Immunsystem auf Eindringlinge reagiert: Sie reguliert die Produktion eines Sensormoleküls, mit dem die Abwehr Viren und Bakterien erkennt. Dadurch schwankt die Menge dieses sogenannten Toll-like Rezeptor 9 (TLR9) im Tagesverlauf und mit ihr auch die Abwehrfähigkeit des Immunsystems. Das haben US-amerikanische Forscher in Experimenten mit Mäusen herausgefunden. Ihre Ergebnisse könnten erklären, warum Menschen bei Störungen des biologischen Rhythmus, beispielsweise durch einen Jetlag, besonders häufig krank werden. Sie deuten aber auch darauf hin, dass Impfungen zu bestimmten Tageszeiten effektiver wirken könnten als zu anderen.

Erste Hinweise, dass auch das Immunsystem einem Rhythmus folgt, gab es schon früher. So werden Entzündungen typischerweise nachts schlimmer, weiße Blutkörperchen sind zu bestimmten Tageszeiten häufiger als zu anderen. Wie aber die innere Uhr diesen Takt der Immunabwehr steuert, war unbekannt. Jetzt habe man die zuvor unbekannte molekulare Verbindung zwischen der inneren Uhr und dem Immunsystem gefunden, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Immunity“.

Anpassung an wechselnde Gefahren durch Erreger

Nach Ansicht der Forscher könnte der Tagesrhythmus des Immunsystems sich als schützende Anpassung im Laufe der Evolution entwickelt haben. Viele krankheitsübertragende Moskitos seien beispielsweise nur zu bestimmten Tageszeiten aktiv. Außerdem setze sich auch der Mensch unterschiedlicher Gefährdung aus, je nachdem ob er sich bewege, esse oder schlafe.

„Es ist daher plausibel, dass auch der TLR9-Rezeptor und andere Komponenten des Immunsystem einen zirkadianen Rhythmus entwickelt haben, um die Abwehr besonders in den Tageszeiten zu stärken, in denen eine Begegnung mit einem Krankheitserreger am wahrscheinlichsten ist“, schreiben Adam Silver von der Yale University in New Haven und seine Kollegen.

Fresszellen mit Uhrengenen

In ihren Versuchen hatten die Forscher unter anderem die Genaktivität in den Fresszellen des Mäuse-Immunsystems analysiert. Dabei stellten sie fest, dass auch diese eine im 24-Stunden-Rhythmus getaktete innere Uhr besitzen. Zwei Uhrengene in diesen Zellen zeigten die dafür typischen Aktivitäts-Schwankungen. Doch noch ein weiteres Gen in den Fresszellen schwankte im Tagesverlauf: Das Gen, dass den sogenannten Toll-like Rezeptor 9 (Tlr9) produziert.

Impften die Forscher die Mäuse mit Erregern, wenn viel von dem TLR9-Rezeptor in ihrem Körper im Umlauf war, wehrten sie die Infektion erfolgreich ab. Erfolgte die Infektion dagegen zwei Stunden früher, auf einem Tiefstand der TLR 9-Sensoren, erkrankten die Mäuse schwer.

Erklärung für Todeszeiten auf der Intensivstation

Die Ergebnisse der Forscher könnten auch erklären, warum Patienten mit einer schweren Blutvergiftung besonders häufig zwischen zwei Uhr nachts und sechs Uhr morgens sterben. Ihr Immunsystem ist zu dieser Zeit möglicherweise so weit heruntergeregelt, dass es nicht effektiv auf die Infektion reagieren kann. „Sollte sich dies bestätigen, könnte man diesen Patienten auf der Intensivstation helfen, indem man ihnen immunstimulierende Mittel in den Stunden verabreicht, in denen sie am anfälligsten sind“, schreiben Silver und seine Kollegen.

Man wisse zudem, dass Patienten auf der Intensivstation oft gestörte Schlafmuster haben, weil der Lärm und das ständige Kunstlicht ihren Rhythmus stören. Es sei nun wichtig zu untersuchen, inwieweit diese Störungen die Reaktion des Immunsystems beeinflussen. (Immunity, 2012; doi:10.1016/j.immuni.2011.12.017)

(Immunity / dapd, 21.02.2012 – NPO)

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