Spektakulärer Fund: Forscher haben in Myanmar einen 99 Millionen Jahre alten Käfer in Bernstein entdeckt. Das Besondere: Das Insekt scheint nicht nur anatomisch perfekt an das Bestäuben von Blütenpflanzen angepasst zu sein. Es wurde auch mitsamt urzeitlichem Pollen an seinem Körper konserviert. Damit ist das Fossil der älteste direkte Beleg für eine Bestäubung von Angiospermen durch Insekten, wie die Forscher berichten.
Bienen, Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten sind für die Bestäubung vieler Pflanzen extrem wichtig. Bei manchen Arten offenbart sich schon auf den ersten Blick, dass die fleißigen Pollensammler auf eine lange gemeinsame Geschichte mit „ihren“ Pflanzen zurückblicken: Die äußerliche Erscheinung passt perfekt zur Blütenform der von ihnen besuchten Pflanze. Bereits Charles Darwin deutete dieses Phänomen als das Ergebnis Jahrmillionen andauernder Koevolution.
Doch wie weit reichen die Ursprünge der tierischen Bestäubung genau zurück? Bekannt ist, dass die Natur die Blüte vor rund 140 bis 250 Millionen Jahren erfand. Im Laufe der Kreidezeit fand dann eine erstaunliche Diversifizierung dieser Angiospermen statt – die Blütenpflanzen wurden zur grünen Großmacht auf der Erde. Eine entscheidende Rolle für diese steile Karriere könnten der gängigen Annahme nach Insekten gespielt haben, die den Pflanzen ihre Dienste als Bestäuber erwiesen.
Überraschung im Bernstein
Allerdings: Direkte Belege für eine Bestäubung durch Insekten schon in der Kreidezeit fehlten bisher. Neben einer mit Orchideenpollen beladenen Mücke in Bernstein galten zwei in der Grube Messel und dem Ekfelder Maar gefundene Bienenfossilien als älteste Beweise für eine solche Beziehung zwischen Insekten und Blütenpflanzen. Mit einem Alter von rund 45 und 50 Millionen Jahren sind diese Fossilien jedoch vergleichsweise jung.
Umso spannender ist der Fund, von dem nun Forscher um Tong Bao von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Najing berichten. Sie haben einen Käfer in Bernstein entdeckt, der erstmals einen direkten Beleg dafür liefert, dass Insekten tatsächlich bereits im Kreide-Zeitalter Angiospermen bestäubten: Das Fossil ist 99 Millionen Jahre alt.
Kreidezeitlicher Blütenbesucher
Der in einer Mine im Norden Myanmars gefundene Käfer gehört zu einer bisher unbekannten Art aus der Familie der Stachelkäfer (Mordellidae). Heutige Vertreter dieser Insekten sind häufig auf Blüten anzutreffen – auch Angimordella burmitina verfügte offenbar über Merkmale, die ihn als potenziellen Bestäuber enttarnen.
Wie die Wissenschaftler erklären, deuten unter anderem die Körperform und der geneigte Kopf des Käfers auf eine Anpassung an die Nahrungssuche in Blüten hin. Weitere Indizien sind feine Härchen an Brust und Bauch, die das Anhaften von Pollenkörnern erleichtert haben könnten. Darüber hinaus scheinen auch die Mundwerkzeuge des urzeitlichen Insekts perfekt für das Sammeln und möglicherweise auch den Transport von Pollen geeignet gewesen zu sein.
Mitsamt Pollen konserviert
Das Entscheidende aber: Mithilfe der konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie identifizierten die Forscher auch Pollenkörner am Brust- und Bauchbereich des Käfers. Angimordella burmitina war voller Blütenstaub, wie sie berichten. Den Analysen des Teams zufolge gehören die im Bernstein konservierten Pollenkörner zum Typ „tricolpat“. Dieser zeichnet sich durch drei charakteristische Furchen aus und ist typisch für die sogenannten Eudikotyledonen, zu denen die Mehrheit der heute lebenden Blütenpflanzen gehört.
Neben der Größe und Oberflächenstruktur des Pollens spricht den Wissenschaftlern zufolge vor allem eine Eigenschaft dafür, dass die zu ihm gehörige Pflanze bereits auf die Bestäubung durch tierische Besucher setzte: Die Pollenkörner neigen zum Zusammenklumpen. Dies könnte Insekten den Transport des Blütenstaubs erleichtert haben.
Bereits spezialisiert?
„Dieser Fund belegt, dass die Insektenbestäubung von Blütenpflanzen bereits vor 99 Millionen Jahren etabliert war“, konstatiert das Team. Damit erweitere das Fossil die belegbare Geschichte der Bestäubung um 50 Millionen Jahre und zeige, dass sich schon damals von Mutualismus geprägte Beziehungen zwischen Insekten und Angiospermen entwickelt hatten.
Im Fall von Angimordella burmitina zeichnen sich zudem Indizien für eine Spezialisierung bei der Nahrungssuche ab. So fanden die Forscher auf dem Körper des Käfers nur Pollen eines Typs. Dies könnte entweder darauf hindeuten, dass es in seinem Lebensraum nur wenige unterschiedliche Blütentypen gab oder aber, dass der Käfer gezielt bestimmte Blüten besuchte. Diese Art der Anpassung ist auch von heutigen Pflanzen-Bestäuber-Partnerschaften bekannt. Manchmal geht dies sogar so weit, dass eine Pflanze nur noch von einer einzigen Spezies bestäubt wird. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; doi: 10.1073/pnas.1916186116)
Quelle: PNAS