Jagdspinnen sitzen meist gemütlich herum. Nur wenn es um Nahrungsaufnahme oder Flucht geht, werden sie zu schnellen Sprintern: Bis zu 70 Zentimeter legen sie dann pro Sekunde zurück. Und: Ihre Beine haben keine elastischen Elemente – es entstehen daher keine Körperschwingungen. Das macht ihr Bewegungssystem stabil und liefert eine gute Vorlage für schnelle Laufroboter.
Die Jagdspinne (Cupiennius salei) macht ihrem Namen alle Ehre. Zwar verbringt sie den Tag eher faul im schützenden Dickicht des zentralamerikanischen Dschungels. Doch nach Einbruch der Dunkelheit zeigt sie, was sie kann. Ruhig wartet sie auf den großen Blättern von Bananen und anderen tropischen Pflanzen auf Beute. Sobald sich ein unvorsichtiges Insekt auf wenige Zentimeter nähert, ist es mit der Gemütlichkeit schlagartig vorbei: In Sekundenbruchteilen stürzt sich die Spinne auf ihre Beute und erreicht für einen kurzen Moment eine hohe Geschwindigkeit. Wie schnell sie tatsächlich läuft und was sie und ihre Verwandten zu solch pfeilschnellen Sprintern macht, hat ein Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität in Jena nun untersucht.
Schnell aber nicht elastisch
Mit Videoaufzeichnungen wurden die Sprints festgehalten und ausgewertet. Das Ergebnis: „Über kurze Distanzen erreichen diese Spinnen Laufgeschwindigkeiten von bis zu 20 Körperlängen pro Sekunde“, sagt Tom Weihmann. So legt die etwa handtellergroße Spinne in einer Sekunde bis zu 70 Zentimeter zurück. Zum Vergleich: Wollte ein Mensch von 1,80 Meter Körpergröße das Tempo der Jagdspinne erreichen, so müsste er in einer Sekunde 36 Meter zurücklegen – Sprint-Star Usain Bolt schaffte bei seinem Weltrekord über 100 Meter aber gerade einmal 12,5 Meter pro Sekunde.
„Bisher wurde angenommen, dass derartig schnelle Bewegungen immer mit der Nutzung elastischer Eigenschaften des Skelettsystems einhergehen, wie es etwa bei Geparden, Hasen oder auch beim Menschen der Fall ist“, erklärt der Bewegungsphysiologe Weihmann. Bei den meisten schnellen Läufern werden Sehnen und Bänder gedehnt, wenn die Beine am Boden sind und das Körpergewicht auf sie einwirkt. Kurz bevor die Beine den Bodenkontakt verlieren und nach vorn geschwungen werden, ziehen sich diese Sehen und Bänder wieder zusammen und ihre gespeicherte Feder-Energie wird dann wieder für den Vortrieb genutzt.