Entgegen bisheriger Lehrmeinung sind junge, erst spät in der Evolution entstandene Gene genauso überlebenswichtig wie alte. Das enthüllt eine in „Science“ veröffentlichte Studie mit gezielten Genblockaden an Fruchtfliegen. Diese überraschende Erkenntnis hat auch Auswirkungen auf die gängige Nutzung von Tieren als Modellorganismen, da ihre Aussagekraft möglicherweise geringer sein könnte als angenommen.
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In der Evolutionsbiologie ist es gängige Annahme, dass die Gene, die lebenswichtige Prozesse in einem Organismus steuern, sich meist schon sehr früh im Stammbaum entwickelt haben. Sie werden von Art zu Art weiter gegeben und bilden die Basis der Lebensform. Gene, die im Laufe der Evolution erst später dazu gekommen sind, sind dagegen nach geltender Lehrmeinung eher für weniger wichtige Aspekte des Lebens zuständig – eher Garnierung als Basis.
Doch Wissenschaftler um Manyuan Long von der Universität von Chicago könnte diese Sicht jetzt widerlegt haben. In ihrer Studie nutzten sie die Technik der RNA-Interferenz, um gezielt 195 junge Gene der Fruchtfliege Drosophila melanogaster einzeln auszuschalten und die Wirkung der Genblockade auf das Überleben des Tieres zu testen. Als jung galten in diesem Zusammenhang Gene, die vor ein bis 35 Millionen Jahren erstmals im Stammbaum der Fruchtfliegen auftauchten. Zum Vergleich wurde die gleiche Methode anschließend auch an älteren, bereits früher entstandenen Genen getestet.