Neurobiologie

Junkfood macht süchtig

Belohnungssystem im Gehirn von Ratten zeigt typische Suchtmuster

Hamburger © Ericd / GFDL

„Junkfood“ kann genauso süchtig machen wie Rauchen oder andere Drogen. Darauf deuten Ergebnisse amerikanischer Forscher hin, die jetzt in „Nature Neuroscience“ erschienen sind. Bei Laborratten führte ein Überangebot an hochkalorischer Nahrung zu Sucht-ähnlichen Reaktionen im Gehirn und ließ sie geradezu zwanghaft Junkfood fressen.

Sucht äußert sich nicht nur in dem Bestreben, möglichst viel und häufig von dem Suchtmittel zu sich zu nehmen, sie löst auch handfeste Änderungen im Gehirn aus. Typischerweise stumpfen bei Süchtigen die Rezeptoren, die auf das „Belohnungshormon“ Dopamin reagieren, ab. Das Wohlgefühl bei normalen Reizen bleibt immer häufiger aus. Dadurch steigt der Bedarf an externen Stimulanzien, die dieses Wohlgefühl künstlich erzeugen – und dies selbst dann, wenn die Süchtigen wissen, dass das Suchtmittel für sie schädlich oder gar tödlich sein kann.

Speck und Schoko für Laborratten

Der Wissenschaftler Paul Kenny und seine Kollegen am Scripps Research Institute in Florida führten nun Laborversuche an Ratten durch, um herauszufinden, ob auch Junkfood – hochkalorische Nahrung – solche Reaktionen hervorrufen kann. Einem Teil der Tiere wurde dafür zusätzlich zu ihrer üblichen gesunden Rattenkost extrem energiereiches Futter angeboten, darunter Speck, Wurst, Schokolade und Kuchen. Die Ratten, die in dieser Hinsicht ähnliche Vorlieben wir wir Menschen aufweisen, stürzten sich auf das Junkfood und fraßen davon so viel sie konnten. Als Folge nahmen sie rapide zu.

Dopaminrezeptoren abgestumpft

Als die Wissenschaftler die Aktivität der Dopaminrezeptoren der Tiere untersuchten, stellte sich heraus, dass diese – ähnlich wie bei klassischer Sucht – stark abgestumpft waren, sie reagierten nur noch gedämpft. Wenn die Rezeptoren von den Forschern künstlich blockiert wurden, wirkte sich dies direkt auf das Verhalten der Ratten aus: Sie zeigten sofort das klassische Suchtverhalten in Bezug auf das Junkfood.

Zwei Wochen lang „Entzugserscheinungen“

Interessanterweise hielt diese Abstumpfung auch an, nachdem die Ratten bereits wieder auf normale Kost umgestellt worden waren. Zwei Wochen noch litten die Tiere daher vermutlich an „Entzugserscheinungen“ in Form von vermindertem Wohlgefühl bei normalem Essen. Doch nicht nur das, das Junkfood übte offenbar auch einen so starken Sog aus, dass die Ratten selbst dann weiterfraßen, wenn sie damit rechnen mussten, einen Elektroschock zu erhalten.

Noch ist nicht klar, ob diese Ergebnisse genau so auf den Menschen übertragbar sind. Studien haben allerdings bereits gezeigt, dass einige Übergewichtige ebenfalls eine reduzierte Reaktion bestimmter Dopaminrezeptoren aufweisen.

(Nature , 30.03.2010 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Schmerz - Alarmstufe Rot im Nervensystem

Bücher zum Thema

Phänomen Mensch - Körper, Krankheit, Medizin von Andreas Sentker und Frank Wigger

Medizin für das Gehirn - Hrsg. Spektrum der Wissenschaft

Gott-Gen und Großmutter neuron - Geschichten von Gehirnforschung und Gesellschaft von Manfred Spitzer

Eine kurze Reise durch Geist und Gehirn - von Vilaynur S. Ramachandran

Descartes' Irrtum - Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn von Antonio R. Damasio

Was hab ich bloß? - Die besten Krankheiten der Welt von Werner Bartens

Die Suppe lügt - Die schöne neue Welt des Essens von Hans-Ulrich Grimm

Der Beobachter im Gehirn - Essays zur Hirnforschung von Wolf Singer

Top-Clicks der Woche