Paläontologie

„Jurassic Park“: Konserviert Bernstein fossile DNA?

Forscher extrahieren erfolgreich DNA aus in Harz eingeschlossenen Insekten

Baumharz
Schon vor Millionen Jahren schloss Baumharz Tiere in und konservierte sie so – aber bleibt ihre DNA dabei erhalten? Das war bislang strittig. © Xavier Delclòs

Jurassic Park lässt grüßen: Forscher haben erstmals erfolgreich die DNA von Insekten aus mehrere Jahre altem Baumharz isoliert – der Vorstufe von Bernstein. Dies klärt die Frage, ob fossiles Baumharz überhaupt Erbgut konservieren kann – bislang war dies umstritten. Die Studie legt nun nahe, dass dies grundsätzlich möglich ist. Wie lange die DNA aber im Bernstein erhalten bleibt, muss erst noch getestet werden.

Ob Mücke, Zecke oder sogar Mini-Dinosaurier: Paläontologen haben schon unzählige fossile Tiere entdeckt, die in Bernstein eingeschlossen und deshalb verblüffend gut erhalten sind. Diese Funde gaben auch den Anstoß zum Buch und Film „Jurassic Park“, in dem Wissenschaftler Dinosaurierblut aus Bernsteinfunden extrahieren und daraus lebende Dinos züchten.

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Erstarrtes Baumharz mit eingeschlossenen Ambrosia-Käfern. © David Peris

Zerstört das Baumharz die DNA?

Doch was in der Fiction einfach scheint, erweist sich in der Praxis als schwierig: Bislang gibt es keine zweifelsfreien Belege dafür, dass die Extraktion von DNA aus Bernstein-Fossilien überhaupt möglich ist. Die meisten Versuche schlugen fehl, selbst bei jüngeren, noch nicht zu Stein gewordenen Baumharz-Proben. „Deshalb wurde die Hypothese inzwischen verworfen, dass man DNA aus in Bernstein konservierten Tieren extrahieren und analysierten kann“, berichten David Peris von der Universität Bonn und seine Kollegen.

Die Misserfolge weckten den Verdacht, dass möglicherweise chemische Bestandteile des Baumharzes die DNA zerstören oder dass die Mumifizierung der Fossilien im trocknenden Harz zu langsam verläuft, um das Erbgut vor einer Zersetzung zu bewahren. Ob das stimmt, haben die Forscher nun überprüft. „Mit unserer Studie wollten wir grundlegend klären, ob DNA von Insekten, die im Harz eingeschlossen sind, konserviert bleibt“, erklärt Koautorin Monica Solorzano-Kraemer vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt.

Käfer in Baumharz als Testobjekte

Für ihre Studie sammelten die Wissenschaftler in Madagaskar Harzproben des Hymenaea-Baums – einer Pflanze, deren Vorfahren vor Millionen Jahren das in vielen Teilen der Welt als Bernstein gefundene Harz erzeugten. Die Harzproben, in denen jeweils mehrere Ambrosiakäfer eingeschlossen waren, bewahrten die Forscher zwei beziehungsweise sechs Jahre bei Raumtemperatur und unter sterilen Bedingungen auf.

Dann versuchten Peris und sein Team, das Erbgut der Käfer zu extrahieren. Dafür testeten sie verschiedene Methoden, um das fossile Tiermaterial vom Harz zu trennen und setzten dann die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ein, um möglicherweise noch erhaltene DNA zu vervielfältigen und nachweisbar zu machen.

Gängige Methoden funktionieren nicht

Die erste Überraschung: Die bislang gängigste Methode zur Trennung des Tiermaterials von Harzresten erwies sich als kontraproduktiv. Denn in Verbindung mit dem Harz scheint diese Chemikalie selbst die noch erhaltenen Erbgutreste zu zerstören. Auch eine Lösung mit Ethanol erschwert offenbar die Isolierung des fossilen Erbguts. Nach Ansicht der Forscher könnte dies erklären, warum die DNA-Extraktion aus Bernsteinfunden bisher so oft schiefging.

Die zweite Überraschung: Selbst nach Optimierung des Trennverfahrens erbrachte das klassische PCR-Protokoll zunächst keine DNA-Ausbeute. Zunächst vermuteten Peris und sein Team, dass Harzreste die PCR-Enzyme hemmen könnten, doch dies erwies sich in weiteren Versuchen als falsch. Erst als die Forscher die Zahl der PCR-Durchgänge auf 50 erhöhten und in einigen Ansätzen zusätzlichen einen Reinigungsschritt einschoben, funktioniert es.

Endlich Erfolg: DNA aus dem Baumharz extrahiert

So gelang es den Wissenschaftlern, erstmals das Erbgut von jahrelang in Baumharz konservierten Insekten zu extrahieren. „Wir zeigen nun zum ersten Mal, dass die DNA zwar sehr fragil ist, aber in unseren Proben erhalten geblieben ist“, sagt Solorzano-Kraemer. „Wir schließen daraus, dass es möglich ist, die Genomik von in Harz eingebetteten Organismen zu untersuchen.“ Demnach ist es nicht ausgeschlossen, auch Erbgut von fossilen Tieren aus altem Baumharz oder vielleicht sogar Bernstein wiederzugewinnen.

Allerdings: Bislang ist unklar, wie lange sich die DNA in den Harzen halten kann. Denn die jetzigen Proben waren nur wenige Jahre alt – die meisten Bernsteinproben haben aber schon Millionen von Jahre überdauert. Peris und seine Kollegen haben daher schon begonnen, ihre optimierte Extraktionsmethode nun auf immer ältere Baumharz-Fossilien anzuwenden. Sie hoffen so, das „Haltbarkeitsdatum“ der DNA im Harz festlegen zu können.

Schlechte Chancen für „Jurassic Park“?

Schon jetzt vermuten die Wissenschaftler aber, dass sich das Erbgut fossiler Organismen in Baumharz weniger lange hält als in mumifizierten oder in Permafrost konservierten Fossilien. Denn im Harz verliert der Körper der toten Tiere nur langsam sein Wasser und das könnte Zerfallsprozesse der DNA fördern.

„Unsere Experimente zeigen, dass Wasser in den Einschlüssen sehr viel länger erhalten bleibt, als wir bisher angenommen haben“, sagt Solorzano-Kraemer. „Die Extraktion von funktionsfähiger DNA aus Millionen Jahre alten Bernsteinen scheint daher eher unwahrscheinlich.“ Ein Szenario wie in „Jurassic Park“ könnte sich demnach doch als pure Fiction erweisen. (PLOS ONE, 2020; doi: 10.1371/journal.pone.0239521)

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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