Geowissen

Kaffeegenuss: Auch die Gene mischen mit

Überraschend: Wer das bittere Koffein intensiver schmeckt, trinkt sogar mehr Kaffee

Unser Geschmacksempfinden beeinflusst die Vorliebe für Kaffee - aber völlig anders als erwartet. © Shalith/ iStock.com

Das Bittere macht’s: Ob wir passionierte Kaffeetrinker sind oder nicht, liegt auch in unseren Genen. Denn wie eine Studie enthüllt, beeinflusst eine Genvariante, wie intensiv wir den bitteren Geschmack des Koffeins wahrnehmen. Überraschend jedoch: Gerade diejenigen, die das Koffein als besonders bitter empfinden, trinken tendenziell mehr Kaffee, wie die Forscher berichten. Offenbar haben diese Kaffeetrinker gelernt, dass „bitter“ in diesem Fall etwas Gutes bedeutet – ein Fall von Konditionierung.

Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke weltweit – und entgegen früherer Annahmen sogar gesund. Denn der Wachmacher enthält neben dem anregenden und stresshemmenden Koffein mehrere weitere Pflanzeninhaltsstoffe mit gesundheitsfördernder Wirkung. Dadurch soll Kaffee unter anderem vor Gefäßerkankungen und Diabetes schützen, dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen und sogar unsere DNA vor Schäden bewahren helfen.

Fahndung im Erbgut

Doch warum sind einige Menschen wahre Kaffee-Enthusiasten, während andere das Getränk einfach nicht mögen? Ob für diese Vorlieben Unterschiede in unserem Geschmacksempfinden eine Rolle spielen, haben nun Jue-Sheng Ong von der University of Queensland in Brisbane und seine Kollegen untersucht. Ihr Verdacht: Es könnte Menschen geben, die den bitteren Geschmack des Koffeins besonders intensiv schmecken.

Für ihre Studie fahndeten die Wissenschaftler zunächst in den Gendaten von 1.757 Zwillingspaaren nach Genvarianten, die die Sensibilität von Rezeptoren für das Bittere des Koffeins, Chinins und eines synthetischen Bitterstoffes beeinflussen. In allen drei Fällen wurden sie bei jeweils einer Genvariante fündig. Dann untersuchten sie, ob es bei gut 430.000 Briten einen Zusammenhang dieser Genvarianten mit dem Konsum von Kaffee und Tee gibt. Die Daten stammten aus der UK-Biobank, in der DNA und Daten zu Lebensweise und Gesundheit von mehr als 500.000 Briten gespeichert sind.

Der Inhaltsstoff Koffein schmeckt bitter © BartozLuka/ iStock.com

Nicht trotz, sondern wegen der Bitterkeit

Das überraschende Ergebnis: Es gibt tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Geschmacks-Genen und Kaffeekonsum – aber dieser ist anders als gedacht. „Man würde erwarten, dass die Menschen, die für den bitteren Geschmack des Koffeins besonders sensibel sind, eher weniger Kaffee trinken“, sagt Koautorin Marilyn Cornelis von der Northwestern University in Chicago. Denn weil viele natürliche Gifte bitter schmecken, diente dies schon unseren Vorfahren als Warnsignal – und weckt eher Abneigung als Genuss.

Doch bei den Kaffeetrinkern war das Gegenteil der Fall: Diejenigen, deren Bitterrezeptoren empfindlicher für Koffein waren, tranken sogar mehr Kaffee als die weniger sensiblen – wenn auch im Schnitt nur eine Fünftel Tasse mehr. Wie die Forscher berichten, ist dieser Effekt zwar nicht sehr groß, aber die Korrelation zwischen Genvariante und Kaffeekonsum sei klar nachweisbar und sehr robust.

Aromatischer Lerneffekt

Doch warum trinken ausgerechnet die Menschen mehr Kaffee, denen er besonders bitter schmeckt? „Diese Ergebnisse unserer Studie sprechen dafür, dass bei Kaffeetrinkern die positive Verstärkung eine große Rolle spielt“, erklärt Cornelis. Konkret gesagt: Zwar schmeckt der Kaffee diesen Menschen bitter, aber sie haben im Laufe ihres Lebens gelernt, dass diese Bitternote mit positiven Wirkungen verbunden ist – dem Wachmacher-Effekt des Kaffees, der sozialen Komponente des Kaffeetrinkens oder auch dem Genuss des aromatischen Getränks insgesamt.

Beim Tee allerdings scheint diese positive Verstärkung nicht zu funktionieren: Bei den Studienteilnehmern führte eine erhöhte Sensibilität für bitteres Koffein eher zu geringerem Teekonsum. Die „Bitterschmecker“ gehören demnach eher zu den Teemuffeln. In beiden Fällen aber bestätigt diese Studie erneut, dass unsere Geschmacksvorlieben auf einem komplexen Zusammenspiel von Genetik, Wahrnehmung und Verhaltenseinflüssen beruhen. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-018-34713-z)

(Northwestern University, 16.11.2018 – NPO)

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