Wettrüsten am Straßenrand: In Australien liefern sich Mensch und Kakadu seit einigen Jahren einen stillen Kampf. Die cleveren Gelbhaubenkakadus haben gelernt, Mülltonne zu öffnen, um an schmackhafte Essensreste zu gelangen. Die Bewohner Sydneys entwickeln immer neue Strategien, um dies zu verhindern – und die Kakadus passen sich an. Das Besondere daran: Sowohl Vögel als auch Menschen geben funktionierende Strategien untereinander weiter – und treiben so das Wettrüsten voran.
Kakadus sind clevere Vögel: Sie basteln sich maßgeschneiderte Werkzeuge, lernen voneinander und können logische Schussfolgerungen ziehen. Die Papageienvögel erkennen zudem sehr genau, wann sich der Arbeitsaufwand lohnt – im Zweifelsfall knacken sie sogar ein fünfteiliges Tresorschloss, um an ein besonders begehrtes Futter zu kommen.
Raffinierte Müll-Plünderung
Ein weiteres Beispiel für die raffinierten Strategien der Kakadus zeigt sich in der australischen Großstadt Sydney: Dort haben Gelbhaubenkakadus gelernt, Mülltonnen zu öffnen, um an Essensreste zu kommen – zum Leidwesen der Anwohner. „Als ich zum ersten Mal ein Video sah, in dem ein Kakadu eine Mülltonne öffnete, wusste ich, dass dies ein so interessantes und einzigartiges Verhalten ist, dass wir es untersuchen müssen“, sagt Erstautorin Barbara Klump vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.
Die Kakadus schaffen es dabei, die sperrigen Mülltonnen-Deckel erst mit Schnabel und Fuß leicht anzuheben. Dann trippeln sie in Richtung Scharnier und kippen dort den Deckel vollends auf. Die allmähliche Verbreitung der verschiedenen Varianten dieser Technik verrät dabei, dass die cleveren Vögel sich den Trick voneinander abschauen – sie demonstrieren damit die Fähigkeit zur sozialen Weitergabe. „Wir konnten tatsächlich zeigen, dass es sich um ein kulturelles Verhalten handelt“, sagt Klump.
Wettrüsten an der Tonne
Um die Plünderung ihrer Mülltonnen und den damit verbundenen Dreck zu verhindern, haben die Bewohner Sydneys reagiert und verschiedene Abwehrmaßnahmen entwickelt. Einige legen Ziegelsteine auf die Mülltonnendeckel, andere beschweren sie mit vollen, am Deckel festgebundenen Wasserflaschen. Weitere Techniken bestehen darin, einen alten Schuh oder Stock so in das Scharnier zu klemmen, dass sich der Deckel nicht mehr komplett umklappen lässt.
„Die Anwohner kommen von sich aus auf neue Schutzmethoden, aber viele lernen sie von ihren Nachbarn oder Leuten in ihrer Straße, lassen sich also von jemand anderem inspirieren“, erklärt Klump. Wie sie und ihr Team festgestellt haben, kommt es dadurch zu einer Art Wettrüsten zwischen Vogel und Mensch: Die Menschen ersinnen eine Abwehrmaßnahme, die die Kakadus dann irgendwann knacken. Als Folge müssen die Menschen sich einen neuen Mülltonnenschutz ausdenken und die Kakadus wiederum eine neue Lösung.
Soziales Lernen auf beiden Seiten
Beide Parteien profitieren dabei vom sozialen Lernen: „Nicht nur die Kakadus lernen sozial, wie man Mülltonnen aufmacht, auch die Anwohner lernen sozial, wie man seine Mülltonnen vor den Kakadus beschützt“, sagt Klump. Noch ist dabei keineswegs klar, wer das Wettrüsten rund um die Mülltonnen gewinnen wird – das Forschungsteam wird das Geschehen daher weiter beobachten. (Current Biology, 2022; doi: 10.1016/j.cub.2022.08.008)
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft