Skurriles Sexualverhalten: Männliche Goldene Büschelweberspinnen werfen bei der Paarung ein oder mehrere Beine ab – und bieten sie ihrer Partnerin als Nahrung an. Dadurch werden die Weibchen abgelenkt und fressen die Männchen nach der Paarung nicht wie üblich auf. Für die männlichen Spinnen ist dies vom Vorteil: Die Strategie erhöht die Chancen auf eine mehrmalige Befruchtung und sorgt dafür, dass sie die Paarung überleben.
Das Sozial- und Paarungsverhalten bestimmter Insekten und Spinntiere läuft nicht immer besonders gemütlich ab: Spinnen-Tanten lassen sich vom Nachwuchs ihrer Schwester fressen und Männchen fressen Weibchen, die ihnen zu alt für die Fortpflanzung erscheinen. Am häufigsten kommt es jedoch zum Kannibalismus durch Spinnenweibchen. Unmittelbar nach der Paarung fressen sie die Männchen auf.
Opfer lenkt Weibchen ab
Doch es gibt offenbar Spinnen-Männchen, die eine ganz besondere Schutzstrategie gegen diesen Kannibalismus entwickelt haben, wie Forscher um den Evolutionsbiologen Rainer Neumann von der Universität Hamburg entdeckt haben. Sie beobachteten diese zuvor unbekannte Paarungsstrategie bei der Goldenen Büschelweberspinne (Trichonephila fenestrata): Die männlichen Spinnen opfern ihre Beine, um sie den Weibchen zum Fressen anzubieten und sie dadurch zu besänftigen.
Möglich wird dieses Opfer durch einen als Autotomie bezeichneten Mechanismus. Durch ihn können die Spinnen-Männern ein eigenes Bein abtrennen, ohne weitergehende Schäden zu erleiden. Eine Art „Sollbruchstelle“ erleichtert dabei das Abwerfen des Körperteils. Dadurch kann das Spinnenmännchen sein Bein anschließend seiner Partnerin als Nahrung anzubieten.
Dadurch erhöhen sich die Chancen des Männchens, die Paarung lebend zu überstehen und das Weibchen dabei mehrfach zu befruchten. Dabei geht das Männchen laut Neumanns Kollege Lutz Fromhage äußerst behutsam vor und nähert sich dem Weibchen erst, wenn es mit dem Fressen beschäftigt ist. „Wir konnten zeigen, dass sich die Männchen dieser Art bevorzugt mit fressenden Weibchen paaren. So warten sie beispielsweise mit der Annäherung, bis das Weibchen Beute gefangen hat. Diese Strategie reduziert das Risiko von Kannibalismus für das Männchen.“, erklärt Fromhage.
Fleisch der eigenen Art bevorzugt
Da sich die Männchen dieser Gattung nur einmal in ihrem Leben paaren, ist diese Strategie ein entscheidender Evolutionsvorteil für sie. Und bei den Weibchen der Gattung kommt die Opferung eines Beins offensichtlich sehr gut an. Wie die Forscher herausfanden, bevorzugten die Spinnenweibchen Beine von einem Vertreter ihrer eigenen Art gegenüber den Extremitäten von anderen Insekten oder Spinnentieren.
„Ich finde es sehr rätselhaft, dass die Weibchen sich gerne so lange von diesen dünnen männlichen Beinen ernähren. Ich bezweifle, dass es die Nahrung ist, die sie wirklich benötigen, denn die Beine bestehen hauptsächlich aus Chitin. Aber es hält sie auf jeden Fall beschäftigt.“, meint Schneider.
Amputierte Männchen schützen Kannibalen-Weibchen
Ungewöhnlich bei der Paarung dieser Spinnenart ist auch, dass die Männchen nach der Paarung noch in der Nähe des Weibchens bleiben, um auf es aufzupassen und vor anderen Männern zu schützen. „Selbst Spinnenmännchen, die während der Paarung mehrere Beine verloren hatten, konnten ihr Weibchen effektiv vor körperlich unbeeinträchtigten Rivalen schützen. Es schien, als hätten sie nach dem Paarungsakt jede Angst verloren, und glichen den Verlust von einigen ihrer Beine aus, indem sie mit größerer Heftigkeit kämpfen.“, erklärt Fromhage.
Das Team will mit weiteren Experimenten untersuchen, auf welche Weise das Spinnenmännchen der Goldenen Büschelweberspinne sein Bein opfert und warum es dies tut.(Animal Behaviour, 2020, doi: 10.1016/j.anbehav.2019.11.003)
Quelle: American Institute of Physics