Das komplexe Genom der Kartoffel hat sich lange der Sequenzierung entzogen, doch nun ist es vollständig entschlüsselt. Forschenden ist es dabei erstmals gelungen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweils vier Kopien jedes Chromosoms dieser Nutzpflanze zu identifizieren – mit teils überraschenden Ergebnissen. Dieses Wissen ebnet den Weg für die Züchtung neuer Kartoffelsorten und damit für mehr Ernährungssicherheit – auch angesichts des Klimawandels.
Die Kartoffel gehört in Deutschland zu den Grundnahrungsmitteln. Doch auch in vielen anderen Teilen der Welt steht die stärkereiche Knolle immer häufiger auf dem Speiseplan. Dabei kommen vor allem traditionelle Sorten auf den Tisch, denn unter den Kartoffeln herrscht ein deutlicher Mangel an Sortenvielfalt. Alle Bemühungen, neue Sorten mit höheren Erträgen zu züchten, sind bis heute weitgehend erfolglos geblieben.
Vier Versionen jedes Chromosoms
Das könnte sich jedoch bald ändern: Einem Forschungsteam um Hequan Sun vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln ist es nun gelungen, das Genom der Kartoffel erstmals vollständig zu sequenzieren. Dass das so lange gedauert hat, liegt an der komplizierten Genetik der Kartoffeln. Anstatt je eine Kopie jedes Chromosoms vom Vater und von der Mutter zu erben, wie es bei uns Menschen der Fall ist, erbt die Kartoffel zwei Kopien jedes Chromosoms von jedem Elternteil, so dass jedes Chromosom vierfach vorliegt. Dies sind jedoch keine exakt identischen Kopien, sondern einzelne Abschnitte können durchaus variieren.
Vier Kopien jedes Chromosoms bedeuten auch vier Kopien jedes Gens, was die Erzeugung neuer Sorten mit einer gewünschten Kombination individueller Eigenschaften sehr schwierig und zeitaufwendig macht. Und daher war auch die Rekonstruktion des Kartoffelgenoms aufgrund dieser vielen Chromosomen-Kopien – auch als Haplotypen bezeichnet – eine weitaus größere technische Herausforderung als es beim menschlichen Genom der Fall war.