Zoologie

Katzen: Krampf bei hohen Tönen

Forscher gehen Berichten über von Geräuschen ausgelöste Krämpfe bei Katzen nach

Es gibt Katzen, die auf bestimmte Geräusche mit Anfällen reagieren © freeimages

Rätselhafte Anfälle: Das Knistern von Alufolie oder Plastiktüten reicht, um einige Katzen stocksteif umfallen zu lassen. Denn sie reagieren auf bestimmte Geräusche mit Krampfanfällen. Nachdem sich Berichte über solche Vorfälle häuften, sind britische Forscher diesem rätselhaften Phänomen nachgegangen. Wie sich zeigte, können ältere Katzen tatsächlich eine sogenannte audiogene Epilepsie entwickeln – es gibt aber ein Mittel dagegen.

Man nennt es auch das „Tom und Jerry-Syndrom“, nach der Cartoon-Katze Tom, die bei Geräuschen oft zusammenschreckt. Doch für viele Katzenbesitzer sind die Anfälle ihrer Lieblinge kein Grund zum Lachen. Denn sobald ihre Katze bestimmte Geräusche hört, verhält sie sich merkwürdig: Sie wirkt vorübergehend wie weggetreten oder bekommt sogar eine Art Krampfanfall. Ein Besuch beim Tierarzt ergibt dann aber nichts als die Information, dass die Katze völlig gesund ist.

Das Problem: Auch bei Veterinären war dieses Syndrom bisher nicht bekannt, weil nicht offiziell beschrieben. Die meisten Tierärzte glauben daher nicht einmal, dass wirklich ein Geräusch diese Anfälle bei den Katzen auslösen kann, wie Mark Lowrie von Davies Veterinary Specialists und seine Kollegen berichten. Um der Sache nachzugehen, haben sie 95 Fälle solcher geräuschbedingter Krampfanfälle zusammengetragen und analysiert. Neben Befragungen der Besitzer untersuchten sie auch die Katzen selbst und testeten, ob ein gegen Epilepsie eingesetztes Medikament die Anfälle verhindern kann.

Anfälle sind eine Epilepsie-Variante

Wie sich zeigte, handelt es sich bei den rätselhaften Anfällen tatsächlich um eine Art der Epilepsie, die die Forscher als Feline Audiogenic Reflex Seizures (FARS) bezeichnen. Dieses Syndrom entwickelt sich vorwiegend bei älteren Katzen, in der Studie begannen die durch Absencen, Zuckungen oder echte Krämpfe gekennzeichneten Anfälle meist bei einem Durchschnittsalter von rund 15 Jahren.

Birma-Katzen scheinen etwas häufiger betroffen © Mark Lowrie, Laurent Garosi und Robert Harvey

Männliche und weibliche Tiere sind von diesen Anfällen etwa gleich häufig betroffen, auch die Rasse spielt mit einer Ausnahme keine Rolle, wie die Forscher berichten: Bei Birma-Katzen ist dieses Syndrom etwas häufiger. Auffallend auch: Rund die Hälfte der betroffenen Katzen hatte Hörprobleme oder war taub. „Dass taube Katzen audiogene Anfälle erleiden, erscheint zunächst paradox“, sagt Lowrie. Aber es sei sehr wahrscheinlich, dass diese Katzen zwar viele tiefere Alltagsgeräusche nicht mehr wahrnehmen, wohl aber noch höherer Frequenzen.

Hohe Töne als Auslöser

„Die als Auslöser für die Anfälle verantwortlichen Geräusche sind höhere Töne, oft nicht sehr laut“, so Lowrie und seine Kollegen. Aber halten die Geräusche an und werden sie lauter, dann kann dies die Schwere des Anfalls verstärken. Bei 82 von 96 Katzen war ein typischer Auslöser das Knistern von Aluminiumfolie, das Geräusch eines an die Futterschale (79 Katzen) oder ein Glas schlagenden Metalllöffels (72 Katzen). Aber auch das Knistern von Plastiktüten und selbst das leise Tippen auf einer Computertastatur reichte bei einigen Tieren, um die epileptischen Anfälle auszulösen.

Aber warum? Was macht diese Geräusche so besonders? Wie die Forscher erklären, haben Katzen einen nach oben hin sehr viel größeren Hörbereich als wir Menschen, sie hören bis in den Ultraschall hinein. „Alltägliche Geräusche mit einem hohen Anteil an Ultraschall-Frequenzen wie Papierrascheln oder Knistern erscheinen uns harmlos, klingen aber für Katzen sehr viel erschreckender, weil sie für diese hohen Frequenzen sensibel sind“, so Lowrie und seine Kollegen.

Epilepsie-Mittel hilft auch den Katzen

Wie die Untersuchung auch ergab, scheinen sich die Anfälle im Laufe der Zeit bei den Katzen nicht zu verschlimmern, bei einigen ließen sie sogar mit der Zeit wieder nach. Die meisten Katzenbesitzer berichteten zudem, dass ihre Katzen nicht darunter zu leiden schienen. Allerdings: Nach etwa zwei Jahren mit Anfällen verschlechterte sich bei rund der Hälfte der Katzen der Zustand. Sie reagierten weniger auf ihre Besitzer, sprangen kaum mehr und nahmen ab. Ob dies allerdings mit der Epilepsie zusammenhängt, oder einfach normale Alterserscheinungen sind, muss nun noch weiter untersucht werden.

Im Rahmen ihrer Studie testeten die Wissenschaftler auch, ob ein spezielles Epilepsiemittel, Levetiracetam, gegen diese neuentdeckte Katzen-Epilepsie hilft. Tatsächlich waren die Ergebnisse gut: Das Medikament reduzierte die Häufigkeit und Schwere der audiogenen Krampfanfälle. „Unserer Erfahrung nach kann es eine Katze sogar völlig von diesen geräuschinduzierten Anfällen befreien“, sagt Lowrie. Dies wollen er und seine Kollegen nun in einer zweiten Studie noch genauer testen. (Journal of Feline Medicine and Surgery, 2015; doi: 10.1177/1098612X15582080)

(SAGE Publications, 28.04.2015 – NPO)

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