Neurobiologie

Kaugummikauen macht schlau

Geistige Leistung bleibt durchs Kauen auch bei längeren Aufgaben stabil

Kaugummikauen hilft beim Lernen © Morgan et al.

Kaugummikauen gilt nicht gerade als Ausdruck höchster Konzentration. Ganz im Gegenteil: Das ständige Herumkauen lenkt ab, heißt es, und stört beim Konzentrieren. Doch ein Experiment britischer Forscher widerlegt dies nun. Demnach bleibt, wer Kaugummi kaut, sogar aufmerksamer und kann auch nach längerer Zeit Informationen noch effektiver aufnehmen und auswerten. Es kann sich demnach also durchaus lohnen, vor einem ermüdenden Meeting oder einer Schulstunde den Kaugummivorrat aufzustocken, so die Forscher im „British Journal of Psychology“.

Es schmeckt nach Minze oder Frucht, hilft gegen Mundgeruch und reinigt zudem auch noch die Zähne – das Kaugummi gehört heute für viele zum Alltag. Immerhin jeder zehnte Erwachsene nutzt einer Umfrage im Jahr 2008 zufolge häufig oder sogar regelmäßig Zahnpflegekaugummis, viele Kinder und Jugendliche bevorzugen dagegen die bunten, süß schmeckenden Varianten. Ob das ständige Herumkauen auf dem gummiartigen Klümpchen ablenkt oder aber sogar Konzentration, Lernen und Aufmerksamkeit fördern kann, ist stark umstritten, wie Kate Morgan und ihre Kollegen von der Cardiff University erklären.

So half das Kauen in einigen Studien, die Blutzufuhr zum Gehirn und auch die Gehirnaktivität zu erhöhen und steigerte so auch die Aufmerksamkeit. In einem anderen Experiment jedoch fiel es Kaugummi kauenden Probanden deutlich schwerer als ihren nicht kauenden Kollegen, sich Abfolgen von sieben Buchstaben zu merken. „Diese Funde führen daher zu sich widersprechenden Aussagen, die wir nun genauer untersuchen wollten“, sagen die Forscher.

Ungerade – gerade – ungerade

Für die Studie absolvierten 38 Probanden einen akustischen Aufmerksamkeitstest: Sie bekamen über Kopfhörer jeweils Gruppen von drei Zahlen zwischen 1 und 9 zu hören. Bestand die Abfolge aus einer ungeraden, geraden und ungeraden Zahl, mussten sie so schnell wie möglich einen Knopf vor sich drücken. Jeweils mit 40 Sekunden Pause zwischen den Zahlenfolgen erstreckte sich dieser Test über eine halbe Stunde. Die Hälfte der Teilnehmer durfte dabei ein Spearmint-Kaugummi kauen, die andere Hälfte nicht.

Die Forscher werteten sowohl die Fehlerquote als auch die Reaktionszeit zu sechs Zeitpunkten innerhalb dieser 30 Minuten aus. „Wir haben bewusst eine Höraufgabe gewählt, die auch das Kurzzeitgedächtnis fordert“, erklärt Morgan. Denn man müsse sich die Zahlenfolge merken und dann auswerten, welche Zahlen gerade und ungerade sind, um die Aufgabe zu lösen.

Kaugummi-Kauer bleiben fitter

Das Ergebnis: Bei allen Probanden ließen Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit im Laufe der 30 Minuten nach, das ständige Aufpassen und reagieren müssen hatte sie ermüdet. Dabei zeigten sich aber deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: Die nicht kauenden Probanden lagen zwar anfangs leicht vorn, ihre Leistungen fielen dann aber nach rund einem Drittel der Versuchszeit drastisch ab, wie die Forscher berichten. Die Leistungskurve der Kaugummi-Kauer blieb dagegen fast stabil – ihre Reaktionszeit und Trefferquote waren in den letzten 20 Minuten der Zeit durchgehend besser.

„Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Kaugummikauen uns dabei hilft, uns auf Aufgaben zu konzentrieren, die ständige Aufmerksamkeit über längere Zeit erfordern“, sagt Morgan. Da auch das Kurzzeitgedächtnis für diese Aufgabe wichtig war, widerspreche der Befund denen der früheren Studie, bei denen sich Probanden Buchstaben merken mussten. Die Forscher räumen zwar ein, dass es methodische Unterschiede zur früheren Studie gab, dennoch ist ihrer Ansicht nach damit die These nicht haltbar, nach der Kaugummikauen generell einen negativen Einfluss auf das Kurzzeitgedächtnis hat. Wer also im Büro oder der Schule wegen seines Kaugummikauens kritisiert wird, hat künftig neben der Zahnpflege ein Argument mehr zur Verteidigung: Es erhält die Konzentration und fördert damit letztlich auch die geistige Leistung. (British Journal of Psychology, 2013; , doi: 10.1111/bjop.12025)

(British Journal of Psychology, 21.03.2013 – NPO)

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