Kannibalistische Meeressäuger: Statt sich wie angenommen von Fischen und kleineren Meerestieren zu ernähren, fressen Kegelrobben auch Seehunde, Schweinswale und sogar ihre Artgenossen, wie eine Studie enthüllt. Anhand typischer Wundmuster stellten die Forscher fest, dass die Robben regelmäßig arteigene und verwandte Meeressäuger jagen. Auch in anderen europäischen Regionen wurde dieses Verhalten mittlerweile beobachtet.
Kegelrobben (Halichoerus grypus) sind Deutschlands größte freilebende Raubtiere. Sie sind häufig vor Helgoland sowie in anderen Nordseeregionen und an der Ostsee auf Sandbänken liegend zu beobachten. Während sich diese Robben an Land nur schwerfällig und langsam bewegen können, sind sie im Wasser wahre Schwimmkünstler und schießen schnell und ausdauernd auf der Jagd nach Fischen und kleinen Meerestieren durchs Meer.
Bisswunden auf der Spur
Doch vor einigen Jahren beobachteten Forscher erstmals, dass eine Kegelrobbe einen Seehund jagte und von dem erlegten Tier fraß. Auch Berichte von Angriffen der Kegelrobben auf Artgenossen gab es. Ob dieses Fressverhalten typisch für diese Meeressäuger ist, haben Wissenschaftler um Abbo van Neer von der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Rahmen einer sechsjährigen Studie untersucht.
Dafür beobachteten die Forscher Kegelrobben auf Helgoland bei der Jagd und beim Fressen. Angefressene Meeressäuger-Kadaver am Strand bargen sie sofort und untersuchten sie. „So wusste ich genau, was mit dem Tier vorher passiert war“, erklärt van Neer. „Diese Kadaver dienten mir als Grundlage, um die von Kegelrobben erzeugten Wundmuster zu charakterisieren.“ Zusätzlich analysierten er und sein Team auch DNA-Spuren in den Bisswunden.