Der kleinste Frosch der Alten Welt ist gerade einmal so groß wie eine Erbse: Das nur gut zehn Millimeter große Tier lebt dort, wo andere Tiere seiner Größe normalerweise sterben: In und an fleischfressenden Kannenpflanzen im Urwald von Borneo. Die Kaulquappen des Minifroschs wachsen in der Flüssigkeit am Grund der Fangkanne heran. Aufgespürt wurde der Winzling nach mühsamer Suche aufgrund seiner Rufe.
Amphibien gehören zu den gefährdetsten Tiergruppen der Erde, rund ein Drittel von ihnen ist akut vom Aussterben bedroht. Unter anderem deshalb suchen Forscher von Conservation International und der International Union for Conservation of Nature (IUCN) in einer großangelegten Kampagne weltweit nach bisher unbekannten Frosch- und Krötenarten, aber auch nach rund 100 Arten, die bisher als „verschollen“ gelten. Im Rahmen einer solchen Expedition durchforsteten die Biologen Indraneil Das von der Universität von Malaysia in Sarawak und und Alexander Haas vom Biozentrum Grindel und Zoologisches Museum in Hamburg den Urwald von Borneo.
Rufe halfen beim Aufspüren
Der neue Minifrosch fiel ihnen zunächst nur durch seine Rufe auf: Beginnend in der Abenddämmerung ertönte mehrere Minuten eine Serie harter, raspelnder Töne, gefolgt von kurzen Intervallen der Stille. Das Ganze dauerte von Sonnenuntergang bis in die frühen Abendstunden. Doch den Sänger zu dieser „Amphibischen Symphonie“ dingfest zu machen, erwies nicht gerade als leicht. Die Forscher behalfen sich, indem sie den Tönen folgten, und dann das Tier auf ein weißes Tuch scheuchten, wo sie es dann näher untersuchen konnten.
Fleischfressende Kannenpflanze als Lebensraum
Am Rand eines Weges zum Gipfel des Gunung Serapi Berges ging ihnen dabei ein nur erbsengroßer Frosch einer bis dato unbekannten Art ins Netz. Weitere Fänge und Messungen zeigten, dass das zur Gruppe der Microhyliden, der Miniaturfrösche, gehörende Tier als Adulter nur zwischen 10,6 und 12,8 Millimeter groß wird. Die Microhyla nepenthicola getaufte Art ist darauf spezialisiert, in und an Kannenpflanzen (Nepenthes ampullaria) zu leben. Die Weibchen legen dabei ihre Eier an die Seiten der Kannen, die Kaulquappen schlüpfen und wachsen in der Flüssigkeit, die sich am Grunde der Fangkannen der fleischfressenden Pflanzen sammelt.
Nach Angaben der Forscher waren bereits früher Exemplare dieser Art entdeckt worden, aber fälschlicherweise als Jungtiere bekannter Arten katalogisiert worden: “Ich sah einige Museumsexemplare, die mehr als 100 Jahre alt waren“, erklärt Das. „Wissenschaftler hielten sie damals vermutlich für Jungtiere anderer Arten, aber es zeigt sich, dass es sich um Adulte dieser neuentdeckten Miniaturart handelt.“
Sein Kollege Robin Moore vom IUCN erklärt: „Amphibien reagieren sehr sensibel auf Veränderungen ihrer Umwelt, daher hoffen wir, dass die Entdeckung dieser Miniatur-Frösche uns helfen wird zu verstehen, welche Veränderungen im globalen Umfeld eine Auswirkung auf diese faszinierenden Tiere haben.“
(Conservation International, 26.08.2010 – NPO)