Die Klimaerwärmung hat bereits ihre ersten Spuren in den Genen von Organismen hinterlassen: Vergleiche des genetischen Fingerabdrucks bestimmter Fruchtfliegenarten weltweit zeigen, dass sich ein für Fliegen in wärmeren Regionen vorteilhafter Gencode immer weiter ausgebreitet hat. Für diesen Prozess reichten teilweise weniger als zwei Jahrzehnte, wie die in „Science Express“ veröffentlichte Studie berichtet.
Joan Balanyá von der Universität von Barcelona untersuchte gemeinsam mit Kollegen des College of William and Mary im amerikanischen Virginia eine ursprünglich nur in Europa heimische Fruchtfliegenart, Drosophila subobscura. Vor mehr als 40 Jahren hatten europäische Genetiker die Gene dieser Fliegenart analysiert und dabei festgestellt, dass Teile ihrer Chromosomen verkehrt herum lagen. Die Art dieser Inversionen war, wie die Forscher damals herausfanden, korreliert mit dem Breitengrad, von dem die jeweiligen Fliegen stammten. Im Norden waren bestimmte Umkehrungen weitaus häufiger als im Süden, andere dagegen im Süden häufiger.
Chromosomenumkehrungen Breitengrad-abhängig
In den späten 19870er Jahren wurde diese Fliegenart, wahrscheinlich mit Frachtschiffen an die Pazifikküste Chiles, in den 1980er auch an die Westküste Nordamerikas eingeschleppt. Seither haben sie sich weit ausgebreitet und sind von Kalifornien bis zum nördlichen Vancouver Island in British Columbia zu finden. Seit 1985 sammelten die Forscher auch von diesen Fliegen regelmäßig Proben und untersuchten sie auf ihre genetische Zusammensetzung hin – zusätzlich zu erneuten Proben in Europa und Südamerika. Gleichzeitig registrierten die Forscher jeweils die Klimaveränderungen an den jeweiligen Probenorten.
Als die Forscher die alten und neuen Proben verglichen, stellten sie eine deutliche Zunahme der für die südlichen Regionen typischen Geninversionen fest. Insgesamt zeigte sich eine Nordwärtsverlagerung dieser Gentypen: Die Inversionen stimmten nahezu exakt mit denen überein, die noch vor wenigen Jahrzehnten rund ein Grad südlicher gesammelt worden waren. Dieser Effekt trat auf allen drei untersuchten Kontinenten auf. Gleichzeitig waren auch die Temperaturen an den jeweiligen Orten gestiegen.
„Wenn die Inversionen temperatursensitiv sind, würde man einen entsprechenden Anstieg der Inversionen des südlichen Typen in allen Breitengraden erwarten“, erklärt Huey. Seiner Ansicht könnten die Genumkehrungen bewirken, dass die Fliegen besser mit wärmeren Temperaturen klarkommen.
Genetischer Wandel auf drei Kontinenten
„Das ist ein klares Signal auf drei unterschiedlichen Kontinenten, dass es einen Klimawandel gibt und das er genetische Veränderungen mit sich bringt”, so der Forscher. „Der genetische Wandel ist bemerkenswert schnell und sogar bei Proben feststellbar, die weniger als zwei Dekaden auseinander liegen.“
Schnelle Veränderungen dieser Art sind am ehesten und wahrscheinlichsten bei Organismen, die eine kurze Lebensdauer besitzen wie die Fruchtfliegen, die pro Jahr mehrere Generationen produzieren können. „Die gute Nachricht ist, dass diese Fliegen sich, zumindest in gewissen Maße, an die Erwärmung anpassen können“, erklärt Huey. „Aber Organismen mit längeren Intervallen zwischen den neuen Generationen, wie Menschen oder Sequoiabäume, können sich wahrscheinlich nicht so schnell anpassen. Wir Menschen haben wirklich Glück, dass wir die Technologie haben, die uns hilft mit den Veränderungen umzugehen.
(University of Washington, 05.09.2006 – NPO)