Niedliche Bewohner Australiens: Forscher haben das Genom der Koalas entschlüsselt. Die genetischen Daten liefern wertvolle Einblicke in die Biologie dieser Beuteltiere. Sie verraten nicht nur, warum sich die Tiere von giftigem Eukalyptus ernähren können. Künftig könnten sie auch dabei helfen, die Koalas besser vor Infektionen zu schützen – und die gefährdete Art vor dem Untergang zu bewahren.
Sie sehen aus wie lebendige Plüsch-Teddys und gehören – neben Kängurus – zu den bekanntesten Tieren Australiens: Koalas. Doch die charismatischen Beuteltiere sind gefährdet. Ihre Lebensräume, die Eukalyptuswälder, werden durch den Menschen zunehmend zerstört. Außerdem gehen unter den Säugern Krankheiten um, die die Populationen zusätzlich bedrohen.
Gefährdete Spezies
„Der Koala ist die einzige Spezies aus der Familie der Beuteltiere, die derzeit als gefährdet gilt“, schreiben Forscher um Rebecca Johnson vom Australian Museum in Sydney. Um die Tiere effektiv schützen zu können, fehlt es bisher an wichtigem Wissen über deren einzigartige Biologie. Warum etwa sind die Koalas so anfällig für bestimmte Infektionen?
Antworten auf diese und andere Fragen könnte nun ein Blick in das Erbgut der Art liefern. Denn Johnson und ihre Kollegen haben erstmals das Genom des Koalas entschlüsselt. Es ist die vollständigste Sequenzierung eines Beutler-Erbguts, die Wissenschaftlern je gelungen ist. Wie die Sequenzierung zeigte, umfasst das Koala-Erbgut 3,4 Milliarden Basenpaare und 26.000 Gene – es ist damit etwas größer als das menschliche Genom.
Gene für die Entgiftung
Genauere Analysen der DNA-Sequenzen offenbarten gleich mehrere Auffälligkeiten. So fand das Forscherteam unter anderem heraus, dass bestimmte Abschnitte im Erbgut der Beutler mehrfach als Kopien vorliegen. Diese Gengruppen kodieren für Enzyme, die Toxine spalten können und finden sich bei den Koalas in der Leber, aber auch in anderen Geweben.
„Der Koala hat damit einen exzellenten Werkzeugkasten entwickelt, um mit dem giftigen Eukalyptus zurechtzukommen – ein Kasten, der aus vielen Kopien des gleichen oder sehr ähnlichen Werkzeugs besteht“, sagt Mitautor Will Nash vom Earlham Institute in Norwich. Dank dieser Anpassung können die Beutler problemlos ihre spezielle Leibspeise futtern, die reizende ätherische Öle und viele Verbindungen enthält, die für die meisten anderen Tiere toxisch sind.
Bedrohliche Infektionen
Der Blick ins Erbgut lieferte zudem neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Muttermilch bei diesen Beuteltieren: „Wir haben eine Reihe von Koala-spezifischen Milchproteinen identifiziert, die für die Entwicklung der in der Größe einer Kidneybohne geborenen Jungtiere von Bedeutung sind“, berichtet Mitautorin Katherine Belov von der University of Sydney.
Diese Proteine scheinen demnach auch eine wichtige Rolle für das Immunsystem zu spielen. Sie haben einen antimikrobiellen Effekt und wirken gegen ein großes Spektrum von Pilzen und Bakterien, einschließlich Chlamydia pecorum. „Infektionen mit diesen Bakterien können zu Unfruchtbarkeit und Blindheit führen und haben die Koala-Populationen in New South Wales und Queensland bereits stark beeinträchtigt“, erklärt Belov. Informationen aus dem Koala-Genom könnten nun möglicherweise zur Entwicklung von Medikamenten beitragen.
Virenspuren im Erbgut
Neben Chlamydien bedroht die Koalas jedoch noch ein weiterer Erreger: ein Retrovirus, über das bisher nur wenig bekannt ist. Bei der Analyse des Erbguts stellten die Wissenschaftler fest, dass die Tiere etliche DNA-Sequenzen dieser Viren in ihrem Genom tragen. Demnach können bei einem einzigen Koala über hundert solcher viralen Einlassungen vorhanden sein.
„Diese Informationen können uns in Zukunft dabei helfen zu bestimmen, welche Retrovirus-Stämme für die Tiere besonders gefährlich sind“, sagt Peter Timms von der University of Sunshine Coast in Maroochydore. „Das wiederum hilft uns bei der Entwicklung von Impfstoffen.“
Besserer Schutz möglich
Alles in allem setzen die Forscher große Hoffnung in die jetzt zur Verfügung stehenden Daten, die auch Einblicke in die genetische Vielfalt der einzelnen Populationen ermöglichen. „Diese Arbeit wird eine neue Ära für den Schutz des ikonischen Koalas einläuten“, konstatiert Belov. „Der nächste Schritt wird es nun sein, unsere Erkenntnisse zur Anwendung zu bringen – mit dem Ziel, diese wichtige Art zu bewahren“, schließt Johnson. (Nature Genetics, 2018; doi: 10.1038/s41588-018-0153-5)
(Nature Press/ University of Sydney/ Earlham Institute, 03.07.2018 – DAL)