Sie sehen aus wie putzige Teddybären, doch ihre Stimme ist die eines Riesen: In der Paarungszeit verschaffen sich die Männchen mit extrem tiefen und voluminösen Rufen Gehör, die eher zu einem Büffel oder Hirschen zu passen scheinen. Forscher haben nun das Geheimnis hinter dieser erstaunlichen Röhre gelüftet: Ein zusätzliches Paar Stimmlippen verschafft den niedlichen Beutlern den grollenden Bass, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“ berichten.
Männliche Koalas erzeugen ihre Rufe ähnlich wie ein Esel: Die etwa acht Kilogramm schweren Beuteltiere geben Töne von sich, die sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen entstehen. Wir Menschen sprechen und rufen dagegen nur mit der Ausatmung. DieTonhöhe von Tierlauten hängt dabei normalerweise mit der Größe des Stimmapparats zusammen: Je größer, desto tiefer.
20-mal tiefer als normal
Doch offenbar wollten sich die Koalas im Rahmen ihrer Evolution nicht mit einer Stimme begnügen, die diesem Zusammenhang entspricht. Die Balzrufe der Männchen haben eine Tonhöhe, die etwa 20-mal tiefer ist als es ihrer Größe entsprechen würde, berichten die Wissenschaftler um Benjamin Charlton von der Universität von Sussex. „Sie sind wirklich irrsinnig laut und tief“, betont der Biologe.
Um herauszufinden, was hinter der Stimmgewalt steckt, haben die Forscher den Stimmapparat von zehn toten Koala-Männchen genau unter die Lupe genommen. Sie brachten sie sogar künstlich erneut zum Erklingen: Charlton und seine Kollegen leiteten dazu Luft durch den Hals der Tiere, um die Vorgänge bei der Lautproduktion zu simulieren. Währenddessen beobachteten sie die Effekte im Vokaltrakt mittels eines Endoskops und fertigten Videoaufnahmen an.
Zusatz-Stimmlippen sorgen für den Bass
„Wir haben entdeckt, dass Koalas ein zusätzliches Paar Stimmlippen besitzen, die sich außerhalb des Kehlkopfes befinden – dort wo sich Mund- und Nasenhöhlen verbinden“, berichtet Charlton. Genau diese zusätzlichen Stimmlippen nutzen Koalas, um ihre extrem tiefen Balzrufe zu produzieren, wie die Auswertungen ergaben. Etwas Derartiges sei bisher bei Säugetieren noch nicht beschrieben worden. „Lediglich von Walen ist bekannt, dass sie ihre Klicklaute zur Echolotortung unabhängig vom Kehlkopf erzeugen“, sagt Charlton.
Offenbar sind aber nicht nur die Koala-Männer so stimmgewaltig. Auch weibliche Koalas produzieren manchmal diese tiefen Laute, wie die Forscher berichten. Es sei deshalb bereits klar, dass sich die zusätzlichen Stimmlippen nicht nur bei den Männchen bilden, sondern für Koalas typisch sind. Offen bleibt nun allerdings, ob das Konzept der Lautproduktion der Koalas einzigartig ist, oder ob es noch andere Tiere mit solchen ungewöhnlichen Stimmapparaten gibt. Der Klärung dieser Frage wollen sich die Forscher nun weiter widmen. (Current Biology, 2013; doi: 10.1016/j.cub.2013.10.069)
(Cell Press, 03.12.2013 – MVI)