Zoologie

Können Frösche übers Wasser laufen?

Grillenfrösche widerlegen Annahmen über Absprung von der Wasseroberfläche

Westlicher Grillenfrosch auf der Hand einer Forscherin
Westlicher Grillenfrosch (Northern Cricket Frog, Acris crepitans) auf der Hand einer Forscherin. © Foto mit freundlicher Genehmigung von Jake Socha.

Bauchklatscher mit Potenzial: Mehrere Froscharten scheinen direkt von der Wasseroberfläche in die Luft zu springen. Wie dies möglich ist, haben Biologen nun beim Grillenfrosch genauer untersucht. Dabei zeigte sich überraschend, dass diese Frösche bei ihrem Sprung komplett untertauchen und sich erst dann in einer Art Delfinsprung zurück in die Luft katapultieren. Anders als gedacht können diese Frösche demnach nicht auf dem Wasser laufen oder springen.

Der in den USA beheimatete Westliche Grillenfrosch (Acris crepitans) ist mit seinen rund drei Zentimetern ein Winzling im Tierreich, hat aber eine besondere Fähigkeit: Er kann scheinbar mehrfach hintereinander von der Wasseroberfläche abspringen, ohne zu sinken. Er „hüpft“ dadurch über das Wasser wie ein flach geworfener Stein. Der Grillenfrosch ist einer von nur elf bekannten Kröten- und Froscharten, die diese Sprungtechnik beherrschen.

Froschsprünge in Zeitlupe

Doch wie macht der Frosch das? Kann er sich wirklich von der Wasseroberfläche abstoßen, ohne dass er dabei versinkt? Wie die Sprünge des Grillenfroschs im Detail ablaufen und welche anatomischen Eigenschaften er dafür benötigt, hat ein Team um Talia Weiss von der Virginia Polytechnic Institute and State University (Virginia Tech) nun untersucht.

Dafür filmte das Forschungsteam fünf Grillenfrösche mit High-Speed-Kameras dabei, wie sie sich in einem Terrarium oder Aquarium an Land und auf dem Wasser fortbewegten. Die Kameras nahmen durch das Glas des Aquariums bis zu 500 Bilder pro Sekunde auf. Die Biologen werteten diese dann in Zeitlupe aus.

Ultraschnelle Delfinsprünge

Die Aufnahmen enthüllten überraschend, dass die Frösche gar nicht über Wasser gehen, sondern stattdessen bei jedem Sprung unter die Oberfläche absinken. Nicht nur ihre Füße, sondern der ganze Körper taucht dabei jedes Mal unter, wie das Team feststellte. Der Westliche Grillenfrosch hüpft demnach nicht über das Wasser, sondern taucht per Bauchklatscher ab und katapultiert sich aus dem Wasser wieder in die Höhe. Diese Bewegung ähnelt der von Seehunden und Delfinen, die aus dem Tauchen heraus in die Luft springen.

Diese Bewegung ist beim Grillenfrosch jedoch so schnell, dass sie für unsere Augen nur oberhalb der Wasseroberfläche stattzufinden scheint. „Es ist faszinierend, wie leicht wir uns von schnellen Tierbewegungen täuschen lassen können“, sagt Seniorautor John Socha von der Virginia Tech. „Hier werden wir von einem Frosch getäuscht, der aussieht wie ein springender Stein, aber in Wirklichkeit mehrmals hintereinander springt und eintaucht.“

Auf die Sprungtechnik kommt es an

Aber warum kann der Grillenfrosch diese wiederholten Delfinsprünge durchführen, andere Frösche hingegen nicht? Eine genauere Betrachtung der Sprungbewegungen ergab, dass es unter anderem auf den richtigen Winkel zwischen Froschkörper und Wasserspiegel ankommt. Dadurch kann sich der Frosch im Wasser ausbalancieren.

Doch auch die richtige Sprungtechnik ist offenbar wichtig. Der Grillenfrosch streckt dabei zuerst knapp unter der Wasseroberfläche stoßartig die Hinterbeine und legt die Vorderbeine an den Körper an, was ihn in einem Winkel von etwa 50 Grad schräg nach vorne oben in die Luft katapultiert – ähnlich wie ein Skispringer. Im Flug reckt der Frosch dann auch seine Vorderbeine nach vorne und fliegt so mit flacher werdendem Winkel, bis er per Bauchklatscher wieder untertaucht. Erst dann zieht er die Beine wieder an und beugt sie für den nächsten Sprung.

Wassersprung unterscheidet sich von Landsprung

Der ganze Vorgang dauert nur rund 360 Millisekunden und kommt bis zu acht Mal hintereinander vor, wie das Team beobachtete. Damit ist der Wassersprung nur wenige Millisekunden länger als ein Sprung des Frosches an Land. Auch die Sprungphasen und -weiten ähneln sich: Sowohl im Wasser als auch an Land springt der Frosch etwa 15 Zentimeter weit. Im Wasser kommt der Grillenfrosch allerdings etwa zwei Zentimeter höher und macht eine etwas längere Pause zwischen zwei Sprüngen.

„Es ist möglich, dass die Zeit, die diese Frösche zum Einziehen der Beine benötigen, sie daran hindert, eine echte, ausschließlich an der Oberfläche stattfindende Fortbewegung durchzuführen“, vermuten Weiss und ihre Kollegen. Das Limit ist demnach nicht die Sprungkraft, sondern die Reaktionsgeschwindigkeit. Im Gegensatz zu Delfinen und anderen Tieren, können Grillenfrösche daher auch nicht die Energie des vorherigen Sprunges nutzen, um direkt weiter zu springen.

Amphibien-Drohnen mit Froschtechnik?

Die Entdeckung ist nicht nur für die Biologie interessant, sondern könnte künftig auch Ingenieure inspirieren, auf der physikalischen Grundlage der Froschsprünge neue Roboter und Wasserfahrzeuge zu entwickeln. Eine amphibische Drohne nach Vorbild des Grillenfroschs könnte beispielsweise in Zukunft Gewässer erkunden, so das Team. (Journal of Experimental Biology; 2025; doi: 10.1242/jeb.249403)

Quelle: Virginia Polytechnic Institute and State University (Virginia Tech)

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