Verhaltensforschung

Können Hunde doch „sprechen“?

Die Vierbeiner bilden sinnvolle Zwei-Wort-Kombinationen mit Buzzern

Hundewelpe
Hunde können bewusst per Buzzer kommunizieren. © Andrey Maximenko/ iStock

Schlaue Vierbeiner: Hunde können mithilfe spezieller Tasten sinnvolle Zwei-Wort-Kombinationen bilden – solche Zwei-Wort-Sätze bilden selbst Menschenkinder erst mit rund zwei Jahren. Die Vierbeiner kombinierten im Test beispielsweise Wortsymbole wie „Draußen“ und „Gassi“, um ihre Wünsche und Absichten kundzutun. Analysen bestätigten zudem, dass die Hunde diese Kombinationen gezielt zur Kommunikation nutzen und nicht etwa zufällig oder als Nachahmung der Herrchen. Sind Hunde demnach sprachbegabter als gedacht?

Schon seit rund 15.000 Jahren sind Hund und Mensch ein unzertrennliches Gespann. Obwohl wir zwei komplett unterschiedlichen Spezies angehören, können wir sogar miteinander kommunizieren. So lernen die Vierbeiner mit der Zeit die Bedeutung verschiedener Wörter wie „Gassi“, „Leckerli“ oder „Sitz“. Ihre Bedürfnisse wiederum teilen Hunde uns meist über Gesten mit. Legen sie uns die Leine vor die Füße, wollen sie raus. Schauen sie uns beim Abendessen bettelnd an, möchten sie einen Bissen abhaben.

Ein Soundboard als Hunde-Übersetzer

Doch was, wenn Hunde ihre Wünsche und Gedanken noch genauer ausdrücken könnten? Schon vor einiger Zeit haben Sprachwissenschaftler zu diesem Zweck sogenannte Soundboards entwickelt. Auf ihnen sind Tasten mit verschiedenen, vorher aufgezeichneten Wörtern wie „Draußen“, „Wasser“ oder „Spielen“ angebracht. Mit viel Training können Hunde lernen, die Buzzer zu betätigen und so kundzutun, was in ihnen vorgeht.

In den sozialen Medien kursieren unzählige Videos, in denen Hundebesitzer die Fähigkeiten ihrer Vierbeiner demonstrieren, darunter auch Sprachtherapeutin Christina Hunger und ihr Hund Stella. In einem Video drückt Stella zum Beispiel den Buzzer mit der Aufschrift „Spielen“, woraufhin Christina antwortet: „Zeit zu spielen? Möchtest du drinnen oder draußen spielen?“ Stella überlegt ein paar Sekunden, wirft einen nachdenklichen Blick auf die Knöpfe und drückt mit der Pfote schließlich jenen Buzzer, der auf das Wort „Draußen“ programmiert ist.

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In anderen Videos „erzählt“ Hündin Stella ihrer Besitzerin, dass ihr etwas besonders gut gefallen hat, sie glücklich ist, ihr etwas wehtut oder sie draußen vor dem Fenster etwas bemerkt hat. Sie sagt zum Beispiel auch, dass sie lieber am Strand statt im Park spazieren gehen möchte. Oder dass nicht Frauchen Christina, sondern Herrchen Jake mit ihr spielen soll. Häufig kombiniert Stella dabei sogar mehrere Wörter miteinander und kommuniziert dadurch überraschend menschenähnlich.

Sind die Buzzer-Kombis Zufall oder Absicht?

Während Hundebesitzerin Christina davon überzeugt ist, dass Stella genau versteht, was sie da tut, und bewusst kommuniziert, gab es jedoch auch immer wieder Zweifel und Kritik. Mehrere Wissenschaftler gehen etwa davon aus, dass „sprechende“ Hunde ihre Besitzer lediglich nachahmen oder sogar nur zufällig bestimmte Buzzer-Kombinationen wählen. Doch wer hat recht?

Um das herauszufinden, haben nun Forschende um Amalia Bastos von der University of California in San Diego über 21 Monate hinweg eine groß angelegte Studie durchgeführt. Dafür analysierten sie Daten von 152 Familienhunden, die zuvor auf ein Soundboard trainiert worden waren, und insgesamt 260.000 Buzzer-Aktivierungen. Die meisten – 195.000 – stammten von den Hunden selbst, der Rest von den Besitzern. Gesammelt wurden die Daten über eine mobile App.

Mithilfe von Computersimulationen und statistischen Analysen prüften Bastos und ihr Team schließlich, ob die Buzzer-Kombinationen der Hunde beabsichtigt stattfanden oder doch nur zufälliger beziehungsweise nachahmender Natur waren.

Gassi und Futter hoch im Kurs

Das Ergebnis: Die Hunde kombinierten mit den Buzzern tatsächlich viele Begriffe zu sinnvollen Mustern, darunter vor allem ihre grundlegenden Bedürfnisse. Zu den häufigsten Tastenkombinationen gehörten etwa „Draußen“ und „Gassi“ sowie „Futter“ und „Wasser“. Wie Bastos und ihre Kollegen feststellten, kamen solche Zwei-Wort-Kombinationen deutlich häufiger vor als es bei rein zufälliger Buzzer-Betätigung zu erwarten gewesen wäre. Dem Zufall sind die Kommunikationsfähigkeiten der Hunde ihrer Ansicht nach daher nicht geschuldet.

Dass die Hunde ihre Besitzer auch nicht einfach nur nachahmen, zeigte sich wiederum, als das Team die Buzzermuster der Hunde mit denen ihrer Besitzer verglich. Dabei stellte es zum Beispiel fest, dass Buzzer wie „Ich liebe dich“ von den Hunden viel seltener gedrückt wurden als von ihren Menschen. Würden die Vierbeiner ihre Besitzer nur nachahmen, dürfte an dieser Stelle deutlich weniger Raum für individuelle Muster sein.

Hunde kommunizieren bewusst

„Die Ergebnisse zeigen, dass Hunde gezielt Knöpfe drücken, um ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken, und nicht nur, um ihre Besitzer zu imitieren. Wenn Hunde zwei Knöpfe kombinieren, sind diese Sequenzen nicht zufällig, sondern scheinen vielmehr bestimmte Wünsche widerzuspiegeln“, erklärt Seniorautor Federico Rossano.

Für ihn bieten die Soundboards daher neue Möglichkeiten, die Wünsche der eigenen Haustiere besser zu verstehen: „Während Hunde bereits einige ihrer Bedürfnisse kommunizieren, könnten Soundboards eine präzisere Kommunikation ermöglichen. Anstatt zu bellen oder an der Tür zu kratzen, könnte ein Hund in der Lage sein, Ihnen genau zu sagen, was er will, und sogar Begriffe wie ‚draußen‘ und ‚Park‘ oder ‚Strand‘ miteinander zu kombinieren. Dies könnte die Bindung zwischen Hunden und ihren Besitzern stärken.“

Neue Sicht auf tierische Kommunikation?

Künftige Untersuchungen sollen nun noch mehr über die Kommunikationsfähigkeiten der Hunde per Soundboard enthüllen. Im Fokus steht zum Beispiel, ob die Vierbeiner sich auf Vergangenheit und Zukunft beziehen können – etwa auf ein fehlendes Spielzeug – oder ob sie Knöpfe auch kreativ kombinieren können, um Konzepte zu kommunizieren, für die ihnen die spezifischen Wörter fehlen.

„Wenn dies der Fall ist, würde dies unser Verständnis von tierischer Intelligenz und Kommunikation grundlegend verändern“, erklärt Rossano. Bisher war die Fähigkeit, Wortkombinationen zu bilden, nur bei Menschenaffen beobachtet worden, deren Pfleger ihnen Zeichensprache und symbolbasierte Kommunikation beigebracht hatten, und in Ansätzen auch bei Papageien. Doch ob es sich dabei tatsächlich um beabsichtigte Kommunikation im menschlichen Sinne handelt, bleibt umstritten. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-024-79517-6)

Quelle: University of California – San Diego

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