In anderen Videos „erzählt“ Hündin Stella ihrer Besitzerin, dass ihr etwas besonders gut gefallen hat, sie glücklich ist, ihr etwas wehtut oder sie draußen vor dem Fenster etwas bemerkt hat. Sie sagt zum Beispiel auch, dass sie lieber am Strand statt im Park spazieren gehen möchte. Oder dass nicht Frauchen Christina, sondern Herrchen Jake mit ihr spielen soll. Häufig kombiniert Stella dabei sogar mehrere Wörter miteinander und kommuniziert dadurch überraschend menschenähnlich.
Sind die Buzzer-Kombis Zufall oder Absicht?
Während Hundebesitzerin Christina davon überzeugt ist, dass Stella genau versteht, was sie da tut, und bewusst kommuniziert, gab es jedoch auch immer wieder Zweifel und Kritik. Mehrere Wissenschaftler gehen etwa davon aus, dass „sprechende“ Hunde ihre Besitzer lediglich nachahmen oder sogar nur zufällig bestimmte Buzzer-Kombinationen wählen. Doch wer hat recht?
Um das herauszufinden, haben nun Forschende um Amalia Bastos von der University of California in San Diego über 21 Monate hinweg eine groß angelegte Studie durchgeführt. Dafür analysierten sie Daten von 152 Familienhunden, die zuvor auf ein Soundboard trainiert worden waren, und insgesamt 260.000 Buzzer-Aktivierungen. Die meisten – 195.000 – stammten von den Hunden selbst, der Rest von den Besitzern. Gesammelt wurden die Daten über eine mobile App.
Mithilfe von Computersimulationen und statistischen Analysen prüften Bastos und ihr Team schließlich, ob die Buzzer-Kombinationen der Hunde beabsichtigt stattfanden oder doch nur zufälliger beziehungsweise nachahmender Natur waren.
Gassi und Futter hoch im Kurs
Das Ergebnis: Die Hunde kombinierten mit den Buzzern tatsächlich viele Begriffe zu sinnvollen Mustern, darunter vor allem ihre grundlegenden Bedürfnisse. Zu den häufigsten Tastenkombinationen gehörten etwa „Draußen“ und „Gassi“ sowie „Futter“ und „Wasser“. Wie Bastos und ihre Kollegen feststellten, kamen solche Zwei-Wort-Kombinationen deutlich häufiger vor als es bei rein zufälliger Buzzer-Betätigung zu erwarten gewesen wäre. Dem Zufall sind die Kommunikationsfähigkeiten der Hunde ihrer Ansicht nach daher nicht geschuldet.
Dass die Hunde ihre Besitzer auch nicht einfach nur nachahmen, zeigte sich wiederum, als das Team die Buzzermuster der Hunde mit denen ihrer Besitzer verglich. Dabei stellte es zum Beispiel fest, dass Buzzer wie „Ich liebe dich“ von den Hunden viel seltener gedrückt wurden als von ihren Menschen. Würden die Vierbeiner ihre Besitzer nur nachahmen, dürfte an dieser Stelle deutlich weniger Raum für individuelle Muster sein.
Hunde kommunizieren bewusst
„Die Ergebnisse zeigen, dass Hunde gezielt Knöpfe drücken, um ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken, und nicht nur, um ihre Besitzer zu imitieren. Wenn Hunde zwei Knöpfe kombinieren, sind diese Sequenzen nicht zufällig, sondern scheinen vielmehr bestimmte Wünsche widerzuspiegeln“, erklärt Seniorautor Federico Rossano.
Für ihn bieten die Soundboards daher neue Möglichkeiten, die Wünsche der eigenen Haustiere besser zu verstehen: „Während Hunde bereits einige ihrer Bedürfnisse kommunizieren, könnten Soundboards eine präzisere Kommunikation ermöglichen. Anstatt zu bellen oder an der Tür zu kratzen, könnte ein Hund in der Lage sein, Ihnen genau zu sagen, was er will, und sogar Begriffe wie ‚draußen‘ und ‚Park‘ oder ‚Strand‘ miteinander zu kombinieren. Dies könnte die Bindung zwischen Hunden und ihren Besitzern stärken.“
Neue Sicht auf tierische Kommunikation?
Künftige Untersuchungen sollen nun noch mehr über die Kommunikationsfähigkeiten der Hunde per Soundboard enthüllen. Im Fokus steht zum Beispiel, ob die Vierbeiner sich auf Vergangenheit und Zukunft beziehen können – etwa auf ein fehlendes Spielzeug – oder ob sie Knöpfe auch kreativ kombinieren können, um Konzepte zu kommunizieren, für die ihnen die spezifischen Wörter fehlen.
„Wenn dies der Fall ist, würde dies unser Verständnis von tierischer Intelligenz und Kommunikation grundlegend verändern“, erklärt Rossano. Bisher war die Fähigkeit, Wortkombinationen zu bilden, nur bei Menschenaffen beobachtet worden, deren Pfleger ihnen Zeichensprache und symbolbasierte Kommunikation beigebracht hatten, und in Ansätzen auch bei Papageien. Doch ob es sich dabei tatsächlich um beabsichtigte Kommunikation im menschlichen Sinne handelt, bleibt umstritten. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-024-79517-6)
Quelle: University of California – San Diego
11. Dezember 2024
- Anna Manz