Biologie

Körperbemalung schützt gegen Blutsauger

Zebra-Effekt gegen Stechinsekten wirkt auch beim Menschen

Körperbemalung
Schmückender Schutz: Helle Körperbemalung wie diese macht dunkle Haut weniger anziehend für blutsaugende Insekten. © hadynah/ iStock.com

Schützende Streifen: Die helle Körperbemalung vieler Naturvölker hat einen praktischen Nebeneffekt – sie schützt gegen blutsaugende Insekten. Menschen mit hellen Streifen auf dunkler Haut werden zehnfach seltener von Bremsen und andern Stechinsekten angeflogen als unbemalte dunkelhäutige Personen, wie Experimente mit bemalten Schaufensterpuppen belegen. Vor allem in den Tropen ist dies demnach ein nützlicher Nebeneffekt der meist rituellen Bemalung.

Ob als Kriegsbemalung, ritueller Körperschmuck oder Stammeszeichen: Die Körperbemalung hat in der Menschheit eine lange Tradition. Schon frühe Vertreter des Homo sapiens und sogar die Neandertaler nutzten natürliche Pigmente wie Ocker, Lehm oder Kalk, um ihre Haut mit Streifen, Punkten und andern Mustern zu verzieren. Und auch heute noch praktizieren viele Naturvölker diese Art der Körperbemalung – meist in rituellem Kontext.

Körperbemalung zur Insektenabschreckung?

Doch könnte die Körperbemalung neben der rituellen Bedeutung vielleicht noch einen ganz praktischen Nebeneffekt haben? Die auffällige Vorliebe für Streifen bei diesen traditionellen Bemalungen brachte Gabor Horvath von der Eötvös Universität in Budapest und sein Team auf diese Idee: „Die Streifen dieser Körperbemalungen ähneln dem Fell von Zebras und Okapis“, so die Forscher. Und von Zebrastreifen ist bekannt, dass sie eine abschreckende Wirkung auf Bremsen und andere blutsaugende Insekten haben.

Könnte dies für die traditionelle Körperbemalung so vieler Volksstämme auch gelten? Um das zu testen, haben Horvath und sein Team drei Schaufensterpuppen als Testobjekte in eine von vielen Bremsen frequentierte Waldlichtung gestellt. Eine Puppe hatte helle Haut, eine zweite dunkle und die dritte war dunkelhäutig, wurde von den Forschern aber mit weißen Streifen aus einer Kalkfarbe dekoriert. Alle Puppe waren von unsichtbarem Insektenleim bedeckt. Dadurch konnten die Forscher auswerten, wie viele Stechinsekten auf den Puppen landeten.

Schaufensterpuppen
Die im Experiment verwendeten Modelle. © Gabor Horvath

Zebra-Effekt wirkt auch beim Menschenmodell

Das Ergebnis: „Wir fanden signifikante Unterschiede in der Zahl der gefangenen Bremsen“, berichten die Forscher. 72 Prozent aller Stechinsekten hatten die braunhäutige Puppe angeflogen, das hellhäutige Modell zog dagegen nur 18,5 Prozent an. Dies passe zu Beobachtungen, nach denen Tiere mit dunklem Fell stärker von Bremsen und Tsetsefliegen geplagt werden als hellfellige: „Je dunkler das Wirtstier, desto attraktiver ist es für Bremsen“, so Horvath und seine Kollegen.

Das Entscheidende aber: War die dunkle Haut der Pupe mit weißen Streifen verziert, verlor sie nahezu alle Anziehungskraft für die Stechinsekten: Nur 9,5 Prozent der Bremsen flogen die bemalte Puppe an. „Das belegt, dass die Körperbemalung die visuelle Attraktivität des menschlichen Körpers auf Bremsen reduziert“, so die Forscher.

Gestörte Polarisierung

Gestützt wird dies durch Analysen des von den Puppen reflektierten Lichts: „Bremsen werden von linear polarisiertem Licht angezogen, weil es die Präsenz von Wasser oder Wirtstieren anzeigt“, erklären die Wissenschaftler. Die Bemalung verhinderte jedoch eine einheitliche Polarisation des Lichts und ließ dadurch die Körperform der gestreiften Puppe optisch mit dem Hintergrund verschmelzen.

Zwar suchen Stechinsekten ihre Wirte nicht allein visuell, sondern orientieren sich auch nach dem Geruch. „Es wurde aber in früheren Experimenten schon gezeigt, dass gestreifte oder gefleckte Ziele selbst dann noch weniger attraktiv für Bremsen sind, wenn sie die typischen Lockstoffe wie Kohlendioxid oder Ammoniak abgeben“, erklären Horvath und sein Team. „In unserem Versuch war das braunhäutige Modell immerhin zehnmal so anziehend für die blutsaugenden Fliegen wie sein gestreiftes Gegenstück.“

Abschreckung als Nebeneffekt

Nach Ansicht der Forscher könnte die Körperbemalung demnach dazu beitragen, die Menschen vor allem in den tropischen Regionen vor dem Gestochen werden zu schützen. „Wir sagen damit nicht, dass die Körperbemalung speziell zur Insektenabwehr entwickelt wurde“, betonen Horvath und sein Team. „Aber es ist sicher ein positiver Nebeneffekt.“ (Royal Society Open Science, 2019; doi: 10.1098/rsos.181325)

Quelle: Lund University

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Blutsauger - Zecken, Mücken und Co.: Kleiner Stich mit bösen Folgen

Mustererkennung - „Mustergültige Erkenntnis“ in Astrophysik, Musik und Medizin

Schneekristall

Symmetrie - Geheimnisvolle Formensprache der Natur

Bücher zum Thema

Das Rätsel der Schneeflocke - Die Mathematik der Natur von Ian Stewart

Kunst der Tarnung - von Art Wolfe und Barbara Sleeper

Top-Clicks der Woche