Medizin

Kommt die „Pille“ für den Mann?

Hormonelles Verhütungsmittel zeigt sich vielversprechend

Das neue Mittel unterdrückt beim Mann die Spermienproduktion. © Sashkinw/ iStock.com

Pille statt Kondom: Es gibt neue Hoffnung auf eine Verhütungspille für den Mann. Forscher haben einen hormonellen Wirkstoff getestet, der die Produktion des körpereigenen Testosterons hemmt und dadurch die Spermienproduktion blockiert. Ihre Studie zeigt: Das in Pillenform verabreichte Mittel scheint bei Männern erfolgreich zu wirken – und es hat kaum Nebenwirkungen. Langzeitstudien sollen diese vielversprechenden Ergebnisse nun bestätigen.

Wollen Männer in Sachen Verhütung Verantwortung übernehmen, ist die Auswahl übersichtlich: Ihnen bleibt das Kondom – oder als drastischer Schritt die Vasektomie. Und das, obwohl Wissenschaftler seit Jahrzehnten an Alternativen forschen. Zwar gibt es Möglichkeiten, Spermien mithilfe von Medikamenten befruchtungsunfähig zu machen und auch eine hormonelle Verhütungsspritze für den Mann wurde bereits getestet. Kein einziger Ansatz hat es bisher jedoch in die Praxis geschafft.

Die Gründe sind vielfältig: Mal wirkt das Kontrazeptivum zu unspezifisch, mal ist die Anwendung zu umständlich, mal sind die Nebenwirkungen zu stark. Wird es jemals etwas werden mit der „Pille“ für den Mann? Neue Hoffnung macht nun eine Studie von Stephanie Page von der University of Washington in Seattle und ihren Kollegen. Sie haben den Wirkstoff Dimethandrolon-Undecanoat (DMAU) erprobt – ein Mittel, das ähnlich funktioniert wie die Verhütungspille für die Frau.

Das Kondom für den Mann, die Verhütungspille für die Frau - das könnte sich bald ändern. © Voyagerix/ iStock.com

Synthetische Hormone

Analog zum weiblichen Pendant besteht DMAU aus synthetisch hergestellten Hormonen. Es kombiniert die Wirkung eines Androgens wie dem männlichen Sexualhormon Testosteron mit einem Gestagen. Die äußere Gabe dieser Hormone kann die körpereigene Testosteron-Produktion in den Hoden zum Erliegen bringen und dadurch die Spermienproduktion unterdrücken.

Doch wie gut funktioniert das? Um das zu überprüfen, testeten die Forscher die Pille an 100 männlichen Studienteilnehmern im Alter zwischen 18 und 50 Jahren. Dabei untersuchten sie drei Dosierungen und zwei unterschiedliche chemische Formulierungen. Die Probanden wurden jeweils einer dieser fünf Gruppen zugeteilt: Fünf aus jeder Gruppe bekamen ein Placebo, fünfzehn schluckten über einen Zeitraum von 28 Tagen das echte Verhütungsmittel.

Testosteron-Spiegel sinkt

Das Ergebnis: Die höchste Dosierung von 400 Milligramm täglich zeigte im Test den gewünschten Effekt. Bei Männern, die diese Pille eingenommen hatten, sank die Konzentration des körpereigenen Testosterons deutlich. Auch der Spiegel zweier weiterer Hormone, die für die Spermienproduktion nötig sind, war als Folge merklich unterdrückt. Diese Werte sprechen für eine effektive Verhütungswirkung, wie das Team berichtet.

Abgesehen von leichter Gewichtszunahme und geringfügigen Veränderungen des Cholesterinspiegels hatte der Wirkstoff kaum Nebenwirkungen. „Trotz der niedrigen Testosteronwerte klagten nur sehr wenige Probanden über die für einen Testosteronmangel typischen Symptome wie Stimmungsschwankungen und Antriebslosigkeit“, sagt Page. Negative Effektive auf die Leber- und Nierenfunktion, wie sie in früheren Studien bei anderen hormonellen Mitteln für den Mann aufgetreten sind, blieben demnach ebenfalls aus.

„Beispiellos vielversprechend“

„Für eine Pille für den Mann sind das beispiellos vielversprechende Ergebnisse“, betont Page. Neben der offenbar durchschlagenden Wirkung und den wenigen Nebenwirkungen ist den Wissenschaftlern zufolge vor allem die Darreichungsform interessant. Das Verhütungsmittel kann in Pillenform gepresst werden und die Männer müssen es nur einmal täglich schlucken.

„Viele Männer bevorzugen diese unkomplizierte Art der Einnahme gegenüber Injektionen oder Gelen, die ebenfalls in der Entwicklung sind“, sagt Page. Die Forscher haben nun bereits erste Langzeitstudien auf den Weg gebracht: Sie sollen bestätigen, dass DMAU verlässlich wirkt und sich als Pille für den Mann eignet. (The Endocrine Society’s 100th Annual Meeting & Expo, 2018)

(The Endocrine Society, 19.03.2018 – DAL)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Verhütung - Vom Liebesspaß ohne unerwünschte Folgen

Oxytocin - Ein Kuschelhormon mit vielen (Neben-) Wirkungen

Bücher zum Thema

Phänomen Mensch - Körper, Krankheit, Medizin von Andreas Sentker und Frank Wigger

Feuerwerk der Hormone - Warum Liebe blind macht und Schmerzen weh tun müssen von Marco Rauland

Top-Clicks der Woche