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Zoologie

Komodowarane haben Eisenzähne

Spezielle Beschichtung macht Echsenzähne zur tödlichen Waffe

Komodowaran an einem Strand
Komodowarane sind die die größte noch lebende Waranart. © guenterguni / iStock

Fester Biss: Die Zähne von Komodowaranen verdanken ihre enorme Festigkeit und Schärfe einer speziellen Beschichtung – ihre Spitzen und Kanten sind mit einer robusten Eisenschicht verstärkt, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Dies ist der erste Nachweis einer solchen Eisenbeschichtung im Zahnschmelz bei einem Reptil. Allerdings besaßen auch Dinosaurier wie der Tyrannosaurus rex ähnlich geformte Zähne und spezielle Mikrostrukturen im Zahnschmelz, wie das Team berichtet. Erbten die Warane womöglich ihre Zähne von Urzeit-Echsen?

Die nur in Indonesien beheimateten Komodowarane (Varanus komodoensis) sind mit einem Durchschnittsgewicht von etwa 80 Kilogramm und bis zu drei Meter Länge die größte noch lebende Waranart. Die Raubtiere fressen fast jede Art von Fleisch, von kleineren Reptilien über Vögel bis hin zu Rehen, Pferden oder Wasserbüffeln. Dabei ziehen und zerren die Echsen mit ihren Zähnen so lange an ihrer Beute, bis das Fleisch zerreißt. Trotz schwacher Kiefermuskeln können die Warane mit dieser Technik selbst große Beute problemlos erlegen.

Waran-Zähne unter der Lupe

Möglich machen dies auch die 60 gebogenen und gezackten Zähne der Komodowarane, die sie als tödliche Klingen verwenden. Doch sind die scharfen Beißerchen neben ihrer Form auch strukturell besonders beschaffen, um diese Funktion effektiv zu erfüllen? Um das herauszufinden, hat ein Forschungsteam um Aaron LeBlanc vom King’s College London nun die Zähne der Komodowarane genauer untersucht.

Dafür analysierten die Zahnmediziner und Biologen die Kristallstruktur und chemische Zusammensetzung der Zähne von mehreren Exemplaren aus Museumssammlungen sowie eines Komodowarans aus dem Londoner Zoo. Diese verglichen sie mit den Zähnen von anderen lebenden und ausgestorbenen Reptilien. LeBlanc und seine Kollegen analysierten die Zähne mehrfach mit verschiedenen Kombinationen moderner Elektronenmikroskope, Röntgen- und Massenspektroskope sowie Lasern und Fluoreszenzlicht.

Nahaufanhmen von Komodowaran-Zähnen
Links: Queransicht eines Komodowaran-Zahns (MoLS X263) sowie Nahaufnahmen desselben Zahns, die die orangefarbene Pigmentierung entlang der Zahnspitze und gezackten Zahnkante zeigen. Rechts: Querschnitt durch die Kanten eines Komodowaran-Zahns (J94036-2) zeigt, dass die orangefarbene Pigmentierung auf den Zahnschmelz (en) beschränkt ist. © LeBlanc et al., doi: 10.1038/s41559-024-02477-7/CC-by 4.0

Eisenspitzen verleihen Stabilität

Das Ergebnis: Die Zähne der Warane verfügen mit 20 Mikrometern nur über einen sehr dünnen, aber harten, calciumreichen Zahnschmelz. An ihren Spitzen und zackigen Kanten, am äußersten Rand des Zahnschmelzes, sind die Zähne zudem mit einer ein bis zwei Mikrometer dünnen eisenhaltigen Schicht überzogen. Diese robuste Schutzschicht enthält das Eisenoxid Ferrihydrit, wie die Analysen ergaben.

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Diese Eiseneinlagerung führt dazu, dass die Kanten der Waranzähne stabiler sind und sich langsamer abnutzen, wie LeBlanc und sein Team erklären. Zudem macht die Eisenschicht diese Stellen säureresistent.

Erster Nachweis von „Eisenzähnen“ bei Reptilien

Damit ähneln die Zähne der Warane in ihrem Aufbau in gewisser Weise den Schneidezähnen von Nagetieren wie Bibern und Eichhörnchen, die ebenfalls eine eisenhaltige Oberschicht besitzen. Dass der Eisenschutz nur an den Spitzen auftritt, wurde nun aber beim Komodowaran erstmalig beobachtet, betonen LeBlanc und seine Kollegen. Es ist auch der erste Nachweis eines eisenhaltigen Zahnschmelzes bei Reptilien überhaupt.

„Anders als bei pigmentierten Nagetierzähnen, bei denen gemischtphasige Eisenoxide in die intergranularen Räume im Zahnschmelz eingelagert sind, scheint das Eisen bei V. komodoensis aber in einer ausgeprägten Schicht aus Ferrihydrit konzentriert zu sein, die mit dem darunter liegenden kristallinen Zahnschmelz verbunden ist“, so die Forschenden. Die Zähne der Nager und Warane lagern Eisen demnach auf unterschiedliche Weise ein.

Extremfall unter den Reptilien

Auch einige andere lebende und ausgestorbene Warane weisen Eisen in ihrem Zahnschmelz an den Zahnspitzen und -kanten auf, wie ergänzende Tests ergaben. Im Vergleich zu ihnen ist bei den Komodowaranen aber mehr Eisen zu finden. „Dies lässt darauf schließen, dass eisenpigmentierte Schneidkanten bei mehreren ziphodonten Varanus-Arten vorkommen, jedoch bei V. komodoensis am ausgeprägtesten sind“, schreibt das Team.

Bei manchen anderen Reptilien wie Krokodilen kommt ebenfalls eisenhaltiger Zahnschmelz vor, jedoch ebenso weniger ausgeprägt als bei Komodowaranen. Als Nebeneffekt erscheinen die Zahnspitzen der Warane durch das Eisen orange und heben sich sichtbar vom restlichen Zahn ab, der mit transparentem Zahnschmelz überzogen ist.

Erbe der Dinosaurier?

Der Fund wirft nun die Frage auf, ob auch Dinosaurier einst über eine solche Eisenschicht in ihren Zähnen verfügten. „Komodowarane haben gebogene, gezackte Zähne, mit denen sie ihre Beute zerreißen können, genau wie die fleischfressenden Dinosaurier. Wir wollen diese Ähnlichkeit nutzen, um mehr darüber zu erfahren, ob fleischfressende Dinosaurier Eisen in ihren Zähnen auf die gleiche Weise wie der Komodowaran verwendeten“, so LeBlanc.

Allerdings lässt sich mit den derzeit verfügbaren Analysetechniken nicht herausfinden, ob und wie viel Eisen die Dino-Zähne einst enthielten. „Wir denken, dass die chemischen Veränderungen, die während des Fossilisationsprozesses stattfinden, verschleiern, wie viel Eisen ursprünglich vorhanden war“, erklärt LeBlanc. Die Forschenden wollen in den Zähnen von Komodowaranen nun nach anderen chemischen Markern suchen, um diese Frage besser beantworten zu können und mehr über das Fressverhalten der ausgestorbenen Raubtiere zu erfahren.

Nachfolgende Analysen von Zahnfossilien des Teams zeigten allerdings überraschend, dass fleischfressende Dinosaurier wie der dominierende Tyrannosaurs rex an ihren scharfen und kräftigen Zahnkanten und -spitzen eine besondere wellenförmige Mikrostruktur aufwiesen. Zudem war ihr Zahnschmelz mit 50 bis 200 Mikrometern dicker als der der Warane. „Während Komodowarane also die Chemie ihrer Zähne verändert haben, veränderten einige Dinosaurier die Struktur ihres Zahnschmelzes, um eine scharfe Schneide zu erhalten“, sagt LeBlanc.

Schutz für bedrohte „Drachen”

„Als die größten Eidechsen der Welt sind Komodowarane unbestreitbar beeindruckende Tiere“, sagt Koautor Benjamin Tapley von der Zoological Society of London. Allerdings sind die „Drachen” auch bedroht. „Diese Entdeckung stärkt also nicht nur unser Verständnis dafür, wie ikonische Dinosaurier gelebt haben könnten, sondern hilft uns auch, ein tieferes Verständnis für diese erstaunlichen Reptilien zu entwickeln, während wir daran arbeiten, sie zu schützen.“ (Nature Ecology & Evolution, 2024; doi: 10.1038/s41559-024-02477-7)

Quelle: King’s College London

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