Biologie

Korallen beim „Ausspucken“ ihrer Symbionten gefilmt

Aufnahmen enthüllen erstmals pulsierendes Aufblähen und Ausstoßen

Der grünliche Schleier über dieser Anemonen-Pilzkoralle sind Algen, die sie gerade ausgespuckt hat. © Brett Lewis/ QUT

Spektakuläre Aufnahmen: Erstmals haben Forscher von Nahem gefilmt, wie Korallen ihre Symbionten „ausspucken“. Dieses Abstoßen der eigentlich lebenswichtigen Algen-Partner geschieht immer dann, wenn den Korallen das Wasser zu warm wird. Als Folge bleichen die Korallen aus. Wie und vor allem wie schnell diese Bleiche einsetzt, haben Meeresbiologen nun erstmals dokumentiert – und dabei überraschende Einblicke gewonnen.

Die meisten tropischen Korallen leben in einer Symbiose: Sie bieten einzelligen Algen in ihrem Körper ein Refugium, dafür liefern diese den Korallen Zucker und andere Nährstoffe, die sie mittels Fotosynthese produzieren. Doch durch den Klimawandel und das Klimaphänomen El Nino erwärmt sich vielerorts das Meerwasser teilweise so stark, dass es den Korallen zu warm wird. Das Great Barrier Reef vor Australien, Riffe in Indonesien und andere haben dadurch bereits mehr als die Hälfte ihrer Korallen verloren.

Anemonen-Pilzkoralle „bespitzelt“

Was genau bei der Korallenbleiche vor sich geht, haben nun Brett Lewis und Luke Nothdurft von der Queensland University of Technology erstmals von Nahem und in Echtzeit beobachtet und gefilmt. Für ihre Studie setzten sie eine Kolonie der Anemonen-Pilzkoralle (Heliofungia actiniformis) in ein großes Meerwasserbecken. Diese Korallenart lebt mit Symbiodinium, einer Alge aus der Gruppe der Dinoflagellaten in Symbiose.

Im Laufe von zwölf Stunden erhöhten die Forscher nun die Wassertemperatur im Becken schrittweise von 26 bis auf 32 Grad Celsius und ließen es anschließend acht Tage lang so warm. Weil bekannt ist, dass diesen Korallen 32 Grad zu warm ist, wollten sie wissen, wie und wann die Tiere auf diese ungünstigen Bedingungen reagieren. Mit Hilfe einer Mikroskopkamera zeichneten sie das Verhalten der Korallen aus nächster Nähe auf.

Erst Aufblähen, dann Ausspucken

Die Aufnahmen enthüllen erstmals, wie die Korallen ihre Algen ausspucken: “ Heliofungia actiniformis nutzte eine Art gepulstes Aufblähen, um Symbodium abzustoßen“, berichtet Nothdurft. Die Zeitrafferaufnahmen zeigen, wie sich die Koralle zunächst aufbläht. Dann zieht sich der Körper der Korallen schnell und stark zusammen.

Anemonen-Pilzkoralle beim Ausstoß ihrer Algen-Symbionten: Erst bläht sie sich auf, dann kontrahiert sie ruckartig.© Queensland University of Technology

„Dadurch stößt die Koralle die Algen durch ihre Mundöffnungen aus“, berichtet Nothdurft. Die ausgespuckten Algen sind als grünlicher Schleier im Wasser deutlich sichtbar. Diesen Vorgang aus Aufblähen und Zusammenziehen wiederholt die Koralle im Laufe von 55 Stunden mehrfach hintereinander. Sie wird dabei um bis zu 340 Prozent größer als normal, wie die Forscher beobachteten.

Ausstoß beginnt schon nach zwei Stunden

Dies ist der erste Beleg, dass Korallen ihre Algen über ein solches gepulstes Aufblähen loswerden, wie die Forscher berichten. Zwar hat man ein ähnliches Verhalten schon bei Korallen gesehen, die von Sediment überspült wurden und es so offenbar loswerden wollten. Im Zusammenhang mit der Korallenbleiche aber wurde dieses „Pumpen“ zuvor noch nicht beobachtet.

„Interessant daran ist auch, wie schnell und gewaltsam die Koralle ihre Symbionten ausstößt“, sagt Lewis. „Heliofungia actiniformis begann schon nach den ersten zwei Stunden der steigenden Wassertemperaturen damit, ihre Symbionten loszuwerden.“ Die komplette Bleiche war meist nach zwei Tagen erreicht, die Korallen verlor dabei völlig ihre normalerweise bräunliche bis grünliche Farbe.

Die typische Abfolge: a) Normalzustand b) maximales Aufblähen c) ruckartiges Ausspucken der Algen und d) noch immer leicht aufgeblähte Koralle nach dem Algen-Ausstoß © Brett Lewis/ QUT

Ausspucken als letzte Rettung?

Wie die Biologen erklären, gilt die Anemonen-Pilzkoralle eigentlich als eine der relativ robusten Korallen des Great Barrier Reefs und anderer pazifischer Riffe. Sie erholt sich von der Korallenbleiche selbst dann, wenn andere Arten bereits absterben. „Unsere Beobachtungen sprechen dafür, dass dies mit dem schnellen Abstoßen der Symbionten bei Hitzestress zusammenhängen könnte“, sagt Lewis.

Allerdings: Wird das Wasser nicht innerhalb von spätestens acht Tagen wieder kühler, bedeutet dies auch für Heliofungia actiniformis das Aus. Denn sie kann nur wenige Tage ohne ihre Algen-Symbionten überleben, wie sich auch in den Experimenten zeigte. „Wenn Symbodium die Korallen nicht schnell wieder rekolonisiert, dann sterben diese“, so Lewis.

Diese neuen Einblicke in das Verhalten der Korallen sind nicht das erste Mal, dass Biologen diese faszinierenden Tiere „bespitzelt“ haben. Erst vor Kurzem war es einer anderen Forschergruppe gelungen, Korallen beim Kämpfen und sogar beim „Küssen“ zu filmen. (Coral Reefs, 2016; doi: 10.1007/s00338-016-1473-5)

(Queensland University of Technology, 16.08.2016 – NPO)

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