Schlaue Bienen: Hummeln können durch Beobachtung komplexe Verhaltensweisen erlernen. Ein kurioses Experiment zeigt: Die pelzigen Insekten eignen sich selbst Techniken an, die ihnen aus der Natur völlig fremd sind – zum Beispiel Ball spielen für eine leckere Belohnung. Nach einer kurzen Demonstration durch eine trainierte Hummel verstanden im Versuch auch untrainierte Artgenossen das Prinzip. Dabei kopierten sie die Technik nicht nur stupide – sie passten sie sogar an neue Situationen an.
Klein, aber oho: Hummeln sind zu beeindruckenden Leistungen fähig. Trotz ihres pummeligen Körperbaus sind die Insekten wahre Flugkünstler und überwinden mit ihrer ausgeklügelten Technik sogar den Mount Everest. Schmackhaften Nektar finden die Verwandten der Honigbiene nicht nur, weil sie attraktiven Farben und Düften folgen – nein, sie können sogar die elektrischen Felder der Blumen wahrnehmen.
Auch die kognitiven Fähigkeiten der Hummeln sollte man nicht unterschätzen. Studien zeigen, dass die Tiere gelehrig sind und Aufgaben wie komplexe Navigationsprobleme schnell und effektiv lösen. Wissenschaftler um Olli Loukola von der Queen Mary University in London haben die Intelligenz der pelzigen Bienen nun erneut auf die Probe gestellt und den Schwierigkeitsgrad dabei auf eine völlig neue Ebene gehoben.
Der Ball muss ins Runde
Die Forscher gaben den Hummeln eine Aufgabe, die mit ihrem natürlichen Verhalten rein gar nichts zu tun hat: Sie sollten Ball spielen lernen. Würden sie es schaffen, sich durch Beobachtung eine ihnen völlig fremde Technik anzueignen? „Wir wollten die kognitiven Grenzen der Tiere ausloten, indem wir sie mit einem Objekt und einer Herausforderung konfrontierten, die in der gesamten Evolutionsgeschichte der Hummeln wahrscheinlich noch kein Individuum bewältigen musste“, sagt Loukolas Kollege Clint Perry.
Bei den Experimenten sollten die Bienen einen winzigen gelben Ball in eine Kreismarkierung auf einer Plattform rollen. Als Belohnung winkte eine leckere Zuckerlösung. Die Wissenschaftler brachten den Versuchstieren zunächst die richtige Lage des Balls bei, indem sie das Objekt dort gemeinsam mit Futter platzierten. Anschließend legten sie den Ball woanders hin und ließen dann das Leckerli in der Markierung weg.
Bei der Hummel-Lehrerin abgeschaut
Tatsächlich begriffen einige Hummeln irgendwann, dass sie den Ball selbst an die entsprechende Stelle legen sollten, um Futter zu bekommen – eine erstaunliche Leistung. Die Ballsportprofis unter den Insekten wurden anschließend zu Lehrern: Sie präsentierten untrainierten Artgenossen, wie das Spiel funktioniert.
Diese „Schüler“ beobachteten die ausgebildete Hummel bei ihrer Tätigkeit und erhielten gemeinsam mit ihr eine Belohnung. Eine zweite Gruppe bekam die Technik dagegen wie von Geisterhand demonstriert. Dabei bewegte ein unter der Plattform befestigter Magnet den Ball zur richtigen Stelle.
Und siehe da: Durch reines Zuschauen waren die Hummeln in der Lage, die Technik selbst zu erlernen. Zwar war die Unterrichtsstunde mit einer echten Biene dabei deutlich effektiver als die Demonstration mittels Magneten. Dennoch könne mitunter sogar nur ein sich bewegender Ball ausreichen, damit die Tiere das Prinzip verstehen, so die Wissenschaftler.
Mehr als nur Nachahmung
Noch beeindruckender war jedoch, dass die Hummeln es nicht bei der reinen Nachahmung des beobachteten Verhaltens beließen. Stattdessen übertrugen sie das Gesehene auch auf neue Situationen und passten es sinnvoll an. So lösten sie die Aufgabe zum Beispiel genauso effektiv, wenn der Ball eine andere Farbe hatte oder an einer ungewohnten Stelle lag.
„Das zeugt von einer erstaunlich großen kognitiven Flexibilität – besonders für ein Insekt“, sagt Loukola. „Unsere Studie räumt nun endgültig mit der Vorstellung auf, dass Insekten wegen ihres kleinen Gehirns nur zu begrenzter Verhaltensflexibilität fähig sind und lediglich über simple Lernfähigkeiten verfügen“, schließt Mitautor Lars Chittka. (Science, 2017; doi: 10.1126/science.aag2360)
(Queen Mary University of London, 24.02.2017 – DAL)