Kunstturnerin unter den Achtbeinern: Eine neu entdeckte Spinnenart kann sich durch Flick-Flack-Sprünge fortbewegen. Mit dieser kuriosen Sprungtechnik ist die Wüstenspinne doppelt so schnell wie beim Laufen und kann sich so unliebsamen Situationen schnell entziehen. Die in der Fachzeitschrift „Zootaxa“ beschriebene Spinne diente mit ihrer ungewöhnlichen Fluchtmethode sogar bereits als Vorbild für einen Roboter.
Für Menschen ist der Flick-Flack bereits eine Turnübung für Fortgeschrittene: Rückwärts abspringen, nach hinten überschlagen, mit den Armen vom Boden abstoßen und wieder auf den Füßen landen. Das Ganze am besten in einer Reihe mehrmals hintereinander. Das sieht beeindruckend aus, dürfte aber für die meisten Menschen eine eher umständliche Art der Fortbewegung sein. Im Tierreich ist das anders, beschreibt nun Peter Jäger vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt.
Überschläge auf jedem Terrain
Ohne Arme, dafür aber mit acht Beinen führt die Spinne Cebrennus rechenbergi aus der Wüste Erg Chebbi im Südosten Marokkos das Kunststück vor: Wie eine Kunstturnerin stößt sie sich vom Boden ab und schlägt dann mit ihren Beinen eine Reihe schneller Flick-Flacks. Im Gegensatz zu ihrer Verwandten aus Namibia, der Goldenen Radspinne, die nur passiv eine Düne hinunterkullern kann, ist die Flick-Flack-Spinne in der Lage, durch eigene Beinarbeit ins Rollen zu kommen.
Dabei ist die Flick-Flack-Spinne sehr flexibel, ob nun bergauf, bergab oder auf ebenem Terrain – für Cebrennus rechenbergi kein Problem. Sie zeigt dieses Verhalten, wenn sie provoziert wird, etwa durch Artgenossen, eine Walzenspinne, einen Skorpion oder einen Menschen. Mit knapp zwei Metern pro Sekunde ist sie per Flick-Flack doppelt so schnell unterwegs wie im normalen Laufmodus.
Einmalige Fortbewegung: Vorbild für Roboter
Dass es sich bei der Flick-Flack-Spinne um eine neue Art handelt, stellte Spinnenexperte Jäger durch die morphologische Untersuchung der Spinne fest: Er konnte Cebrennus rechenbergi von der nah verwandten Cebrennus villosus aus Tunesien aufgrund winzigster Abweichungen der Geschlechtsorgane unterscheiden. „Aber auch die einmalige Fortbewegungsweise ist ein Kriterium zur Abgrenzung der beiden Arten“, so Jäger.
Benannt ist die Flick-Flack-Spinne nach dem Wissenschaftler Ingo Rechenberg von der Technischen Universität Berlin. Der Bioniker entdeckte Cebrennus rechenbergi während eines Marokkoaufenthaltes und übergab sie zur taxonomischen Bestimmung an Jäger. Rechenberg war von der Bewegungsraffinesse der Flick-Flack-Spinne derart inspiriert, dass er einen 25 Zentimeter Spinnenroboter entwickelte, der sich ähnlich rollend fortbewegt.
Der Tabbot, benannt nach „Tabacha“, dem aus der Berber-Sprache stammenden Wort für Spinne, kann sowohl laufen als auch Saltos schlagend rollen. „Der Roboter könnte sich für den Einsatz in der Landwirtschaft, auf dem Meeresboden oder auf dem Mars eignen“, meint sein Erfinder.
(Zootaxa, 2014; doi: 10.11646/zootaxa.3790.2.4)
(Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, 28.04.2014 – AKR)