Biologie

Landwirtschaft: Zwei Drittel weniger Tagfalter

Zahl der Schmetterlinge sinkt im Umfeld von intensiv bewirtschafteten Äckern drastisch

Tagfalter
Der Perlgrasfalter (Coenonympha arcania) gehört zu den besonders stark betroffenen Schmetterlingsarten. © Senckenberg/ Schmitt

Drastischer Schwund: In Gegenden mit intensiver Landwirtschaft gibt es kaum mehr Schmetterlinge, wie nun eine neue Studie bestätigt. Demnach ist die Zahl der Tagfalter auf feldnahen Wiesen bis zu zwei Drittel geringer als in naturbelassender Umgebung. Besonders stark von diesem Schwund betroffen sind dabei spezialisierte Schmetterlingsarten. Diese Ergebnisse bestätigen, dass die intensive Landwirtschaft eine Schlüsselrolle für den Insektenschwund in Deutschland spielt, so die Forscher.

Schmetterlinge und andere Fluginsekten sind für die Natur und auch uns Menschen unverzichtbar, denn ohne sie würden viele Pflanzen nicht bestäubt – und daher keine Früchte tragen. Doch den Insekten geht es schlecht: In den letzten knapp 30 Jahren hat die Biomasse fliegender Insekten in Deutschland um 76 Prozent abgenommen, wie 2017 eine Langzeitstudie enthüllte. Die Gründe für den Insektenschwund sind jedoch bisher strittig. Als wahrscheinliche Ursachen gelten aber Pestizide, der Verlust von Nahrung und Lebensraum durch die intensive Landwirtschaft und der Klimawandel.

Drastische Unterschiede je nach Umgebung

Am Beispiel von Tagfaltern sind nun Jan Christian Habel von der Technischen Universität München und sein Team einer möglichen Ursache nachgegangen – der intensiven Landwirtschaft. Für ihre erfassten die Forscher auf 21 Wiesenflächen in der Nähe von München das Vorkommen von Tagfalter-Arten. 17 dieser Areale liegen inmitten von landwirtschaftlich genutzten Flächen, vier in naturnah bewirtschafteten Naturschutzgebieten.

Das Ergebnis: „In der Nähe von intensiv bewirtschafteten, regelmäßig gespritzten Feldern ist die Tagfalter-Vielfalt und Anzahl deutlich geringer, als auf Wiesen in der Nähe von wenig bis ungenutzten Flächen“, berichtet Habel. Auf den Wiesen in den Naturschutzgebieten fanden die Wissenschaftler im Schnitt 6,6 Schmetterlingsarten, auf den feldnahen Wiesen dagegen nur 2,7 Arten – weniger als die Hälfte. Die Zahl der Individuen lag sogar nur noch bei einem Drittel.

Kaum noch „Spezialisten“

Auffallend auch: Vor allem die Schmetterlinge, die auf bestimmte Blüten oder Wiesentypen spezialisiert sind, kommen offenbar mit dem Leben zwischen intensiv bewirtschafteten Feldern nicht zurecht. „Diese Arten sind auf den von Landwirtschaftsflächen umgebenen Wiesen weitgehend verschwunden“, berichten die Forscher. Die anpassungsfähigeren Generalisten unter den Tagfalter fanden sie dagegen auch auf den feldnahen Wiesen.

„Unsere Studie unterstreicht die negativen Auswirkungen der industrialisierten, konventionellen Landwirtschaft auf die Tagfalter-Vielfalt und zeigt, dass dringend umweltverträglichere Anbaumethoden benötigt werden“, sagt Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Jetzt sollen weitere Untersuchungen helfen, die einzelnen für das Insektensterben verantwortlichen Faktoren zu identifizieren. (Insect Conservation and Diversity, 2019; doi: 10.1111/icad.12343)

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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