Die Lasertechnik hält Einzug in die Tropenbiologie: Marcus Stüben vom Biozentrum der Uni Würzburg hat eine neue Methode entwickelt, mit der er nun die afrikanischen Matabele-Ameisen erforschen will. Mit einem Endoskop verschafft sich der Forscher Einblick in die Nester der Insekten. So hofft er die Geheimnisse zu lüften, die diese Ameisen immer noch bergen.
Die schwarzen, bis zu 19 Millimeter großen Matabele-Ameisen (Pachycondyla analis-Gruppe) jagen ausschließlich Termiten. Ihre Heimat ist Afrika, dort leben sie südlich der Sahara in Savannen und geeigneten Wäldern. Bereits den weißen „Entdeckern“ des Kontinents, wie etwa Lovingstone, fielen diese Ameisen wegen ihrer imposanten, bis zu acht Meter langen Jagdkolonnen ins Auge. Die militärisch anmutenden, außerordentlich gut organisierten Raubzüge beginnen damit, dass einzelne Scout-Ameisen Termiten aufstöbern. Dann führen sie vom Nest eine Armee heran, die aus 50 bis über 500 Arbeiterinnen besteht. Hierbei zeigen die Jäger eine beachtliche Arbeitsteilung: Die größten Arbeiterinnen brechen die schützenden Erdtunnel über den Termiten auf, dann überwältigen die mittleren und kleineren Ameisen die Beute und schaffen sie zum Abtransport durch ihre großen Kolleginnen an die Oberfläche. Der Rückmarsch zum Erdnest erfolgt gemeinsam entlang einer Duftspur, die der Scout zuvor gelegt hat.
Ungelöst sind laut Stüben Fragen, die sich nur durch Beobachtungen in den Nestern der Ameisen beantworten lassen: Welche Mitbewohner – Käfer, Schaben, Silberfische oder Spinnen – machen den Ameisen das Leben schwer? Wie schaffen es die geflügelten Männchen, die einzige und stets ungeflügelte Königin im Nest zu erreichen und zu begatten? Wie kann ein Scout Hunderte von Ameisen rekrutieren, wenn andere Scouts vermutlich ebenfalls Werbung für ihren Jagdort treiben?
Verhalten der Ameisen nicht verfälschen
Diese und andere Probleme müssten sich doch endoskopisch untersuchen und auf Video festhalten lassen, dachte sich der Doktorand, der am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie von Professor Karl-Eduard Linsenmair betreut wird. Allerdings wollte er das Verhalten der Ameisen und ihrer Beute mit einem solchen Eingriff nicht verfälschen. „Also lief es darauf hinaus, die Aufnahmen im nahen Infrarotbereich zu machen, denn der ist auch für Ameisen und Termiten unsichtbar“, sagt Stüben.
Doch die Internet-Recherchen nach einer kommerziell verfügbaren Infrarot-Leuchte für die Endoskopie blieben fruchtlos. Darum machte Stüben sich selbst ans Werk. Schnell war klar, dass einfache Infrarot-Dioden zu schwach sind, um genügend Infrarot durch das Lichtleiterbündel eines Endoskops zu schicken. Trotzdem ging die Arbeit vorwärts – mit Hilfe der Firma Osram Opto Semiconductors (Regensburg), die Stüben verschiedene Infrarot-Laser für Versuchszwecke zur Verfügung stellte. Diese Laser musste der Biologe technisch an die Bedürfnisse einer mobilen Infrarot-Endoskopie anpassen.
„Wollen Sie die Ameisen braten oder beleuchten?“ So habe einmal ein Techniker gespöttelt, erzählt Stüben. Doch gerade die Lasertechnik biete ideale Voraussetzungen für sein Vorhaben. So entwickelte er in Zusammenarbeit mit Professor Wolfgang Kiefer vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Würzburg eine mobile Beleuchtungseinheit für die Infrarot-Video-Endoskopie.
„Den ersten, inzwischen voll funktionsfähigen Prototypen werde ich jetzt erstmals in der Ameisenforschung einsetzen“, sagt Stüben. Eine fünf Monate dauernde Forschungsreise führt den Doktoranden Mitte Juni zum Blauen Nil in den Sudan.
(idw – Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 04.06.2004 – DLO)