Biologie

Leuchtende Meeresbakterien reisen per Anhalter

Mikroben lassen sich von Krebsen und Fischen fressen und mit deren Kot verbreiten

Forscher haben herausgefunden, warum viele im Meer lebende Bakterien im Dunkeln leuchten: Sie ziehen damit kleine Krebse, aber auch Fische an und lassen sich gezielt von ihnen fressen. Diese auf den ersten Blick fatale Wirkung ist für die Leuchtbakterien ein großer Vorteil. Denn sie nutzen die Tiere als Transporter, um in neue Ozeangebiete zu gelangen. Den Aufenthalt im Verdauungstrakt der Fische und Krebse überstehen die Bakterien unbeschadet. Der Darm biete ihnen sogar ein besonders günstiges, weil nährstoffreiches Umfeld, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

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Dass viele Meeresbakterien deshalb leuchten, weil sie damit aktiv Tiere anlocken, die sie fressen, vermuteten Forscher bereits seit längerem. Biologisch gesehen würde dies Sinn machen, wenn die Bakterien das Gefressenwerden überstehen und sogar davon profitieren. Doch experimentelle Beweise für diese sogenannte Köder-Hypothese fehlten bisher. „Unsere Studie liefert jetzt die Belege für einige Schlüsselschritte dieser Hypothese“, schreiben Margarita Zarubin vom Interuniversity Institute for Marine Sciences im israelischen Eilat und ihre Kollegen.

Fische bevorzugen leuchtende Beute

In ihren Versuchen in großen Meerwasserbecken konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass Kleinkrebse leuchtende Bakterien deutlich gegenüber nichtleuchtenden Mikroben bevorzugten. Als Folge dieser Mahlzeit begannen auch die Krebse zu leuchten – und wurden ihrerseits nun bevorzugt von Fischen gefressen. „Die Fische suchten die leuchtende Beute aktiv auf und fraßen sie, nicht leuchtende Beute blieb dagegen unbeachtet“, berichten die Forscher.

In einem weiteren Versuch untersuchten die Forscher, ob die Bakterien die Passage durch den Darm von Krebsen und Fischen überlebten. Sowohl im Fischkot als auch in den Kotpellets verschiedener Krebsarten habe man große Mengen noch lebender und leuchtender Bakterien gefunden, sagen die Wissenschaftler. Die Anzahl der Leuchtbakterien sei sogar um mehrere Größenordnungen höher gewesen als bei Fischen, die nichtleuchtende Krebse und Bakterien gefressen hatten.

Geschützte und nahrungsreiche Transportmöglichkeit

„Der Vorteil für die Bakterien ist offensichtlich“, konstatieren die Wissenschaftler. Durch ihren Aufenthalt im Darm von Krebsen und Fischen erhielten die Mikroben eine geschützte und nahrungsreiche Möglichkeit, ungünstige Wassergebiete zu verlassen.

„Der Verbreitungsradius von wanderndem Plankton und noch mehr von aktiv schwimmenden Fischen ist um mehrere Größenordnungen höher als der Aktionsradius der im Wasser schwebenden Bakterien“, schreiben Zarubin und ihre Kollegen. Daher sei es für die Mikroben sinnvoll, „per Anhalter“ zu reisen.

Wie die Forscher berichten, schalten viele Bakterien, die zur sogenannten Biolumineszenz fähig sind, ihr Leuchten erst dann an, wenn die Anzahl ihrer Artgenossen um sie herum zu hoch wird. In solchen Situationen werde die Nahrung knapp und es sei für die Mikroben besonders wünschenswert, neue Lebensräume zu besiedeln. Über ihr Leuchten führten sie eine solche Möglichkeit quasi aktiv herbei, meinen die Wissenschaftler. (PNAS, 2011; doi:10.1073/pnas.1116683109).

(National Academy of Sciences, 28.12.2011 – NPO)

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