Warum sind die Menschen in Skandinavien glücklicher als bei uns? Und warum ist das subjektive Glücksempfinden selbst in ärmeren Ländern manchmal größer? Eine mögliche Antwort: Es liegt in den Genen. Denn Forscher haben nun entdeckt, dass eine Genvariante in all den Bevölkerungen besonders häufig ist, die sich selbst als besonders glücklich einschätzen. Sie könnte dazu beitragen, das subjektive Glücksgefühl zu stärken.
Die „German Angst“ ist geradezu sprichwörtlich: Deutsche gelten gemeinhin nicht unbedingt als Optimisten oder als besonders zufrieden. Insofern ist es auch kein Wunder, dass sie bei Studien wie dem World Happiness Report trotz bester Rahmenbedingungen nie ganz vorne unter den Ländern mit den glücklichsten Bewohnern liegen. Auffallend ist dagegen, dass die skandinavischen Länder meist führen. Interessanterweise liegen aber auch einige latein- und südamerikanische Länder relativ weit vorne.
Genvariante bei Glücklichen gehäuft
Ob für diese Unterschiede vielleicht nicht nur soziale und wirtschaftliche Gründe verantwortlich sind, sondern auch die Biologie, haben nun Michael Mikov von der Varna Universität in Rumänien und seine Kollegen untersucht. Für ihre Studie ermittelten sie die Häufigkeit, mit der Bewohner eines Landes sich selbst in den großen Befragungen als „sehr glücklich“ einstuften. Diese Daten glichen sie unter anderem mit einer Datenbank von Genvarianten ab, in der die Häufigkeit bestimmter Allele bei verschiedenen menschlichen Populationen erfasst ist.
Dabei zeigten sich auffallende Übereinstimmungen: So scheint das A-Allel des Gens für das Enzym Fettsäure-Amid-Hydrolase (FAAH) in den Ländern besonders verbreitet zu sein, die beim subjektiven Glücksgefühl weit vorne liegen. „Wir haben festgestellt, dass die nationalen Anteile der subjektiv sehr glücklichen Menschen bei den drei letzten großen Erhebungen konsistent und hochgradig mit der Häufigkeit des A-Allels im FAAH-Gen korreliert waren“, berichten die Forscher.
Wirkung auf die Sinneseindrücke
Nach Ansicht der Forscher könnte das erklären, warum beispielsweise Nordeuropäer wie die Schweden oder Dänen sich oft als glücklich einschätzen – sie tragen dieses Allel sehr häufig in sich. Bei Mitteleuropäern wie uns Deutschen und bei Südeuropäern ist diese Glücklichmacher-Genvariante dagegen weniger stark vertreten.
Eine Mitwirkung bestimmter Gene am persönlich empfundenen Glück ist biologisch durchaus plausibel, sagen die Forscher. So ist vom A-Allel bekannt, dass es den chemischen Abbau von Anandamid hemmt, einem Botenstoff, der Sinneseindrücke intensiviert und Schmerze lindert. Tragen Menschen in einem Land dieses Allel, könnte dies daher dazu beitragen, dass sie beispielsweise freudige Eindrücke intensiver erleben und sich daher subjektiv glücklicher einschätzen.
Nur einer von mehreren Faktoren
Aber natürlich sind die Gene nur einer von vielen Faktoren, die unsere Zufriedenheit und unser subjektives Glücksgefühl beeinflussen, wie Mikov und seine Kollegen betonen. So spielt auch das Klima eine wichtige Rolle, wie sie feststellten – mehr sogar als Wohlstand, Wirtschaftswachstum oder die Prävalenz von Krankheiten.
„Unsere Ergebnisse bedeuten nicht, dass das genetische und klimatische Erbe einer Nation sie dazu verdammt, entweder glücklich oder unglücklich zu sein“, betont Koautor Michael Bond von der Polytechnischen Universität Hongkong. „Stattdessen kann sich das subjektive Glück natürlich abhängig von situationsbedingten Einflussfaktoren nach oben oder unten bewegen.“
Denn wie so vieles ist auch das Gefühl des Glücks schwer fassbar und von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. (Journal of Happiness Studies, 2016; doi: 10.1007/s10902-015-9712-y)
(Springer Science and Business, 15.01.2016 – NPO)