Verletzte Moral: Wenn jemand kriminell wird, dann könnte ein Schaden in seinem Gehirn daran Mitschuld haben. Diesen bisher umstrittenen Zusammenhang legen nun Hirnscans bei Straftätern nahe. Demnach fördert es die Neigung zu Straftaten, wenn ein für moralisches Verhalten zuständiges Netzwerk geschädigt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Mensch mit einer solchen Hirnverletzung automatisch kriminell wird, wie die Forscher betonen.
Was macht einen Menschen kriminell? Und welche Rolle spielen neurologische Schäden oder Anomalien für unser moralisches Verhalten? Immer wieder gibt es Fälle, bei denen Hirnverletzungen die Ursache für kriminelle oder gewalttätige Handlungen zu sein scheinen. So wurde der US-Amerikaner Phineas Gage zum Soziopathen, nachdem ein Eisenbolzen den Frontallappen seines Gehirns durchbohrt hatte.
Ein noch krasseres Beispiel ist der Mörder Charles Whitman, der 16 Menschen tötete und 31 verletzte. Als Mediziner seinen Schädel untersuchten, fanden sie einen großen Hirntumor in seinem rechten Scheitellappen. Hatte er Whitman zu seinen Gewalttaten getrieben? Bisherige Studien kamen in dieser Frage zu keinen eindeutigen Ergebnissen – auch weil die bei einigen Kriminellen festgestellten Schäden in ganz verschiedenen Hirnbereichen lagen.
17 Straftätern ins Gehirn geschaut
Auf der Suche nach einem Zusammenhang haben nun Ryan Darby von der Harvard Medical School in Boston und seine Kollegen 17 Fälle untersucht, bei denen zuvor unbescholtene Menschen nach einer Hirnverletzung kriminell wurden. „Die meisten dieser Patienten haben Gewalttaten wie Mord, Körperverletzung oder Vergewaltigung begangen“, berichten sie.