Frauen gelten als das Geschlecht, das besser zuhören kann. Doch wenn es darum geht, die Stimme des Gegenübers aus einem Wust von Stimmen herauszufiltern, sind Männer ihnen überlegen. Das enthüllt jetzt ein in „Cortex“ veröffentlichtes Experiment deutscher Hirnforscher. Ihrer Ansicht nach liegt der Grund dafür möglicherweise in unterschiedlichen evolutionären Anforderungen an die beiden Geschlechter.
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Auf einer Party sind zahlreiche Stimmen aus unterschiedlichen Richtungen gleichzeitig zu hören. Konzentrieren möchten wir uns in einer Gesprächssituation aber nur auf eine Stimme, nämlich die unseres Gegenübers. Hierzu müssen wir uns auf genau diese eine Stimme konzentrieren und
gleichzeitig alle anderen Stimmen und Geräuschquellen unterdrücken. Dies stellt eine hohe Anforderung an unser Aufmerksamkeitssystem. Frauen gelten gemeinhin als die besseren Zuhörer, aber stimmt dies auch für diese Situation? Diese Frage haben jetzt Wissenschaftler der Neurologischen Klinik und des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (HIH) am Universitätsklinikum Tübingen am Beispiel des bekannten „Cocktailpartyphänomens“ untersucht.
Mithilfe unterschiedlich platzierter Lautsprecher, aus denen verschiedene Alltagsgeräusche ertönten, untersuchten die Tübinger Neurowissenschaftler Ida Zündorf und Hans-Otto Karnath in Zusammenarbeit mit Jörg Lewald vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund, ob ein Geschlechterunterschied bezüglich der räumlichen Aufmerksamkeitsleistung beim Hören besteht – sprich ob Männer oder Frauen besser ein bestimmtes Geräusch aus mehreren, unterschiedlich lokalisierten Schallquellen „heraushören“ können.
Besseres Orten und Herausfiltern der Schallquelle
Tatsächlich fand sich in den Versuchsergebnissen ein Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern. „Männer können die Schallquelle viel genauer ermitteln als Frauen“, erklärt Zündorf. Einerseits überraschend, da doch Frauen diejenigen sind, die angeblich „mehrere Dinge gleichzeitig tun können“. Die mögliche Ursache dafür sehen Zündorf und Karnath in der menschlichen Evolution: „Männer waren diejenigen, die jagen, um Nahrung zu besorgen. Dabei waren räumliche Aufmerksamkeitsleistungen extrem wichtig. Sowohl im visuellen als auch im auditorischen Bereich. Beispielsweise konnten Beutetiere durch Geräusche lokalisiert werden, lange bevor sie zu sehen waren.“
Auch wenn in der heutigen Zeit derartige Funktionen für den Alltag nicht mehr von Nöten sind, so haben sie nach Ansicht der Forscher doch Spuren in der Organisation unseres Gehirns und dementsprechend in unserem Verhalten hinterlassen. (Cortex, 2011; DOI: 10.1016/j.cortex.2010.08.002)
(Universitätsklinikum Tübingen, 24.06.2011 – NPO)