Zuchtprogramm oder freie Liebe? Zumindest wenn es um die Widerstandskraft gegen Infektionen geht, scheint diese Frage bei Mäusen klar zu sein. Der Nachwuchs von Mäuseweibchen, die sich mit dem Partner ihrer Wahl paaren können, hat bessere Überlebenschancen bei einer Salmonelleninfektion, wie Wissenschaftler aus Österreich jetzt herausfanden. Im Journal „BMC Evolutionary Biology“ erläutern sie, was an diesem Ergebnis überrascht.
Mäuseweibchen bevorzugen gesunde, starke und widerstandsfähige Partner, diese Tatsache ist schon seit langem bekannt. Anhand der sekundären Geschlechtsmerkmale wie z.B. dem Geruch oder dem Aussehen der Männchen können sie Informationen über deren Immunsystem und sogar den Befall mit Parasiten einholen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Nachkommen kräftiger und gesunder Tiere ebenfalls besonders widerstandsfähig sind, zum Beispiel gegen Infektionskrankheiten. Ein direkter Nachweis dafür fehlte jedoch bislang. Frühere Studien zu diesem Thema sind nur begrenzt aussagekräftig: sie zeigen nicht, ob sich die Partnerwahl direkt auf das Überleben der Nachkommen bei Infektionen auswirkt.
Sex mit gewähltem Partner bringt mehr Nachkommen
Ein Forschungsteam um Dustin Penn von der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat diese Vermutung nun in einer neuen Studie bestätigt. Dazu testeten die Wissenschaftler an wilden Hausmäusen, ob sich die Vorliebe für einen bestimmten Partner auf das Überleben der Nachkommen nach einer Infektion auswirkt. Die Mäuseweibchen durften zuerst einen Partner wählen. Dann ließen die Forscher diese Weibchen entweder bei dem gewählten Männchen, oder sie brachten sie zur Paarung mit einem anderen Partner zusammen.
Bereits das erste Ergebnis dieser Kuppelei war deutlich: Die Weibchen, die sich mit dem selbst gewählten und also bevorzugten Männchen paarten, zeugten durchschnittlich mehr Nachkommen als solche Mäuse, denen bei der Partnerwahl dazwischen gepfuscht wurde. Die Wahl des Sexualpartners wirkt sich also schon allgemein positiv auf den Fortpflanzungserfolg aus.
Als nächstes untersuchten die Forschenden, wie die unterschiedlichen Nachkommen eine Salmonelleninfektion verkraften. So eine Infektion kommt bei Mäusen in der freien Natur häufig vor. Das Ergebnis war eindeutig: Wenn sich die Mäuseweibchen mit ihrem gewählten Partner paarten, war die Überlebensrate der infizierten Nachkommen deutlich höher. Erstaunlicherweise war jedoch die Keimbelastung bei allen Tieren in etwa gleich hoch, also unabhängig vom Partner der Mutter. Alle Jungmäuse waren also gleich krank – die Nachkommen aus Wunschpartnerschaften konnten der Krankheit jedoch besser widerstehen.
Überraschende Toleranz gegen Infektionen
Für die höhere Überlebensrate gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder, das Immunsystem bekämpft die Krankheit erfolgreicher, oder der Organismus der Maus ist allgemein widerstandsfähiger und kann höhere Belastungen ertragen. Die Salmonelleninfektion trat bei beiden Gruppen gleich stark auf. Daraus schließen die Forscher, dass bei den kräftigeren Mäusenachkommen nicht eine stärkere Immunabwehr, sondern eine allgemein höhere Toleranz gegen die Krankheit vorhanden ist. Shirley Raveh, die Erstautorin der Studie, erklärt: „Wir dachten, dass die freie Wahl des Partners den Nachkommen ein stärkeres Immunsystem verschafft. Dass es aber eher die Fähigkeit ist, mit Infektionen umzugehen, war eine Überraschung.“
Penn und seine Mitarbeiter fanden in früheren Studien bereits heraus, dass die Resistenz gegenüber einer Salmonelleninfektion von verschiedenen Genen kontrolliert wird und somit auch vererbt wird. Eine solche Studie zeigte ebenfalls, dass Mäuse in freier Natur widerstandsfähiger sind als Labormäuse aus Inzuchtstämmen. Auch hier spielt die freie Partnerwahl der wilden Mäuse sicher eine große Rolle.
Behandeln Mäusemütter alle ihre Kinder gleich?
Die Forschungsgruppe hat noch einiges vor: „In weiteren Studien möchten wir noch herausfinden, ob das Verhalten der Mütter etwas mit der Fitness der Nachkommen zu tun hat“, kündigt Penn an. „Es könnte nämlich sein, dass Mütter, die Junge von ihren Wunschpartnern großziehen, mehr Energie für diese Jungen aufwenden. Nachkommen aus nicht frei gewählten Verbindungen erhalten möglicherweise weniger Fürsorge.“
(BMC Evolutionary Biology, 2014; doi: 10.1186/1471-2148-14-14)
(Veterinärmedizinische Universität Wien, 23.01.2014 – AKR)