Ein paar Minuten Stimulation – mehr ist nicht nötig, um unsere Gehirnfunktionen eine Stunde lang deutlich zu verändern. Britische Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, mithilfe von Magnetfeldern gezielt bestimmte Bereiche des Gehirns zu beeinflussen. Die so genannte transkranielle magnetische Stimulation (TMS) könnte auch eine Therapiemöglichkeit für Krankheiten wie Depression oder auch für Hirnschäden durch Schlaganfall oder Parkinson eröffnen.
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Bei der TMS-Methode wird das Gehirn mithilfe einer magnetische Spule stimuliert, die von außen an den Schädel des Patienten gehalten wird. Die von der Spule erzeugten Magnetfelder induzieren winzige elektrische Ströme im Inneren des Kopfes, die die Aktivität der ebenfalls über elektrische Signale ablaufenden Kommunikation der Nervenzellen im Gehirn verändern. Auf diese Weise können hemmende oder auch aktivierende Einflüsse auf bestimmte Gehirnbereiche ausgeübt werden.
Potenzial als Therapiehilfsmittel
Bisher wurde diese Technik vorwiegend als Forschungsmethode genutzt, um zu erkunden, wie das gesunde Gehirn auf Verletzung oder Schäden reagiert. Doch in letzter Zeit haben Wissenschaftler vermehrt begonnen, auch seine Möglichkeiten als Therapiehilfsmittel auszutesten. Eine Reihe von Studien hat hier bereits positive Effekte nachgewiesen, darunter bei Krankheiten wie Depression, Epilepsie, Schlaganfall und Parkinson. Der Nachteil war jedoch bisher, dass die therapeutisch wirksamen Veränderungen im Gehirn selten länger als 30 Minuten anhielten.
Professor John Rothwell und seine Kollegen vom University College London haben diese Methode jedoch so modifiziert, dass auch längere Auswirkungen erzielt werden können. Sie testeten dabei unterschiedliche Muster von sich wiederholenden magnetische Pulsen, die über eine Dauer von 90 bis 120 Sekunden auf die Köpfe von Freiwilligen einwirkten. Die Pulse zielten auf den motorischen Kortex, den Bereich der Hirnrinde, der die Muskelreaktionen steuert. Die Wissenschaftler positionierten die Magnetspule über der für Handbewegungen verantwortlichen Hirnregion und leiteten die elektrischen Nervensignale aus einem kleinen Muskel in der Hand ab.
Gezielt hemmen und stimulieren möglich
Dabei zeigte sich, dass der anregende Effekt des TMS sich sehr schnell, innerhalb von nur einer Sekunde aufbaut und messbar ist, während ein hemmender Effekt erst nach mehreren Sekunden der Stimulation auftrat. Indem sie die Länger der Stimulation veränderten, konnten die Wissenschaftler daher selektiv entweder vorwiegend hemmenden oder stimulierenden Einfluss nehmen.
Gleichzeitig hielten die Auswirkungen der Stimulation mehr als doppelt so lange an wie bei der konventionellen TMS. Nahezu eine Stunde nach Reizung durch die Magnetfelder war bei den meisten Probanden noch eine veränderte Reaktion messbar. Schon vor den eigentlichen Wirkungstests hatten die Wissenschaftler sichergestellt, dass die Magnetreizung keine bleibenden Folgen oder unerwünschten Nebenwirkungen hinterließ.
Professor Rothwell: “Nachdem wir jetzt die Technik verbessert haben, können wir sie nutzen, um zu erkunden, ob die Stimulation von geschädigten Hirnbereichen Schlaganfallpatienten bei ihrer Genesung helfen kann. Es könnte alternativ auch sein, dass bei manchen Patienten die gesunde Seite des Gehirns die geschädigte bei ihrer Regeneration hemmt, so dass wir hier deren Aktivität reduzierend könnten um die Genesung zu beschleunigen.“
(University College London, 21.01.2005 – NPO)